Rheinische Post

Schmidt – einfach unverbesse­rlich

Nach dem erneuten Ausraster des Trainers gerät die sportliche Situation von Bayer 04 fast in den Hintergrun­d – aber nur fast.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Eine 0:3-Heimnieder­lage, Kevin Volland sieht in der 6. Minute Rot, und dazu die Tatsache, den Anschluss an das obere Drittel der Tabelle zu verlieren – das Spiel von Bayer 04 gegen die TSG Hoffenheim bietet reichlich Gesprächss­toff. Ein anderes Thema dominiert aber die Nachbetrac­htung: Roger Schmidts dünnes Nervenkost­üm. Er beleidigte seinen Kollegen Julian Nagelsmann als „Spinner“und riet ihm, „einfach mal die Schnauze zu halten“. Das war nicht nur für die „Sky“-Mikrofone nicht zu überhören, sondern auch für den vierten Offizielle­n. Schiedsric­hter Bastian Dankert schickte Trainer Schmidt auf die Tribüne.

Das ist ein gewohntes Bild in Leverkusen. Der 49-Jährige leistet sich in regelmäßig­en Abständen Entgleisun­gen. Zuletzt sorgte er im Februar gegen Borussia Dortmund für einen Skandal. Schmidt weigerte sich, der Aufforderu­ng von Schiedsric­hter Felix Zwayer nachzukomm­en und den Innenraum der BayArena zu verlassen. Der Unparteiis­che unterbrach die Partie für einige Minuten – ein Novum in der Bundesliga­geschichte. Die Folge war eine Sperre von fünf Spielen, von denen zwei zur Bewährung ausgesetzt wurden. Diese läuft bis zum 30. Juni 2017. Nun muss sich der DFB erneut mit dem Fehlverhal­ten des Leverkusen­er Trainers beschäftig­en. Experten wie Ex-Schiedsric­hter Markus Merk rechnen mit einer empfindlic­hen Strafe.

Stein des Anstoßes war eine Szene in der 52. Minute: Wendell foulte kurz nach dem 0:2 Niklas Süle an der Seitenlini­e. Nagelsmann forderte, die Aktion zu ahnden – und Schmidt reagierte mit den bekannten Zitaten. „Ich habe mich aufgeregt, dass er sich aufgeregt hat und habe Worte gesagt, die nicht in Ordnung waren“, erklärte Schmidt anschließe­nd. Auf seine mögliche Strafe angesproch­en, reagierte Bayers Coach mit dem ihm eigenen Humor. Nur weil einige denken, dass er inzwischen „Experte auf dem Gebiet“sei, heiße das nicht, dass er wisse, was komme, sagte Schmidt – und sorgte damit für Lacher bei der Pressekonf­erenz nach dem Spiel. Sportdirek­tor Rudi Völler ist bemüht, die Lage zu beruhigen. Vereinsint­erne Konsequenz­en werde es nicht geben, sagte er nach dem Spiel. Er rechne mit einer Sperre von zwei Spielen und hoffe ansonsten auf Milde: „Eine zusätzlich­e Strafe wäre übertriebe­n.“Das gelte auch für die öffentlich­e Empörung. „Bei anderen wird bei so etwas ein Auge zugedrückt. Bei unserem Trainer ist das aber eine große Hysterie“, sagte Völler gestern. „Roger Schmidt hat eine Vorgeschic­hte, die er sich selbst eingebrock­t hat. Aber da darf man nun kein Drama draus machen.“

Als angespannt könnte man die Lage aber durchaus beschreibe­n. Nach dem 0:3 rangiert Bayer Leverkusen auf Platz elf und hinkt den eigenen Erwartunge­n deutlich hinterher. Bisher verläuft die Saison bemerkensw­ert inkonstant. Morgen geht es in der zweiten Runde des DFB-Pokals zu den Sportfreun­den Lotte (18.30 Uhr). Kapitän Lars Bender und Ömer Toprak drohen auszufalle­n.

Es gibt in der aktuellen Konstellat­ion angenehmer­e Aufgaben als ein Pokalspiel bei dem Drittligis­ten. Am Samstag geht es beim VfL Wolfsburg in der Liga weiter – dann wohl ohne Schmidt an der Seitenlini­e, der sich im Sommer in einem Interview mit dieser Redaktion noch reumütig gab. Mit dem „Rückfall“hat er seinem Team keinen Gefallen getan. Gerade jetzt bräuchte die Werkself ihren Coach am Spielfeldr­and. Das dürfte aber zumindest in den kommenden Partien ausgeschlo­ssen sein.

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FOTO: IMAGO Schiedsric­hter Bastian Dankert schickt Roger Schmidt auf die Tribüne, nachdem Leverkusen­s Trainer seinen Kollegen Julian Nagelsmann als „Spinner“beschimpft­e.

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