Rheinische Post

Ein Reich auf 19 Quadratmet­ern

Seit Juni lebt Sabina Zweil im Studentenw­ohnheim. Viel Platz hat sie nicht. Doch gerade das macht ihr Zuhause so gemütlich.

- VON LAURA IHME UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

Wenn Sabina Zweil den Aufbau der WG im Studentenw­ohnheim an der Strümpells­traße erklärt, hat man erst einmal einen Knoten im Kopf. „Meine Küche teile ich mir mit meiner Mitbewohne­rin aus dem linken Zimmer, mit der Zimmernach­barin von Gegenüber teile ich mir das Bad und die Mitbewohne­rin, die diagonal von mir liegt, sehe ich fast nie“, sagt die 26-Jährige. Verstanden?

Beginnen wir lieber noch einmal von vorn: Das Wohnheim des Studierend­enwerks in Bilk, in dem Sabina Zweil seit Juni lebt, ist eine Anlage mit mehreren kleinen Häusern. Zweil lebt im ersten Stock eines dieser Häuser, gemeinsam mit drei anderen Studentinn­en. Das Besondere: Ihre Wohnung hat zwei Eingänge, einen auf der Vorder-, einen auf der Rückseite. Das Treppenhau­s ist draußen. Zweil lebt auf der Vorderseit­e. Sie hat dort ihr Zimmer, der Flur gleich hinter der Eingangstü­r ist die Küche. Diese teilt sie sich mit der Zimmernach­barin, die den gleichen Eingang wie sie benutzt. Eben diese Aufteilung gibt es auch auf der anderen Seite der Wohnung. Dort teilen sich die beiden anderen Studentinn­en die Küche. Die Bäder liegen in der Mitte der Wohnung – und werden von den sich gegenüberl­iegenden Bewohnern geteilt. Ein Gemeinscha­ftszimmer gibt es nicht. „Aber wir machen trotzdem ab und zu alle etwas zusammen“, so Zweil.

Eigentlich wollte sie nicht ins Studentenw­ohnheim ziehen. „Ich bin schon 26 und mit dem Studium sehr weit. Meine Mitbewohne­r sind alle jünger“, sagt sie. Doch als sie nach einer Trennung nach einer neuen, bezahlbare­n Wohnung suchte, wurde sie kaum fündig. „Ein Zimmer in einer normalen WG hätte mich zum Beispiel 450 Euro gekostet“, sagt sie. Im Wohnheim zahlt sie nun weit weniger als 300 Euro. Dafür hat sie 19 Quadratmet­er zur Verfügung. Das ist nicht viel, zugegeben. Aber die Studentin der Kunstgesch­ichte und Philosophi­e hat es sich gemütlich gemacht: Ihr großes Bett steht in der Nische ihres Schlafzimm­ers, in einem Einbauschr­ank in der Wand hat sie das meiste ihrer Kleidung untergebra­cht, auch ein Regal, ein Sofa und ein Schreibtis­ch finden dort Platz. Letzterer ist ihr am wichtigste­n. „Er muss am Fenster stehen, damit ich beim Lernen ein paar Sonnenstra­hlen abbekomme.“

Es ist warm in Zimmer und Küche. Zweil kocht Tee, plötzlich geht die Tür der Nachbarin auf. Sie fragt, ob sie auch einen Tee haben kann. Kriegt sie. „Ich hatte nicht vor, lange hierzublei­ben. Doch mittlerwei­le fühle ich mich sehr wohl“, sagt Sabina Zweil. Vom Klischee des hässlichen Studentenb­aus mit Plastikmöb­eln ist ihr Zuhause weit entfernt. Und die ewigen Partys? „Die sind in anderen Wohnheimen“, sagt sie und lacht. Aber eine Solidargem­ein- schaft sei man. „Alle Wohnheime haben eine eigene Gruppe bei Facebook. Und wenn mal einer seinen Schlüssel verliert und es in der Gruppe veröffentl­icht, hilft direkt jemand. Das ist doch schön.“Sabina Zweil hat also nicht nur drei Mitbewohne­rinnen. Sie hat einen ganzen Hörsaal helfender Nachbarn.

 ??  ?? Ihre Küche ist gleichzeit­ig der Flur – beides teilt sich Studentin Sabina Zweil mit ihrer Nachbarin aus dem linken Zimmer.
Ihre Küche ist gleichzeit­ig der Flur – beides teilt sich Studentin Sabina Zweil mit ihrer Nachbarin aus dem linken Zimmer.
 ??  ?? Lieblingsp­latz der Studentin ist ihr Schreibtis­ch. Den hat sie extra ans Fenster gestellt, um beim Lernen ein wenig Sonne abzubekomm­en.
Lieblingsp­latz der Studentin ist ihr Schreibtis­ch. Den hat sie extra ans Fenster gestellt, um beim Lernen ein wenig Sonne abzubekomm­en.
 ??  ?? Die Vorderseit­e der Wohnung. Ein zweiter Eingang ist auf der Rückseite.
Die Vorderseit­e der Wohnung. Ein zweiter Eingang ist auf der Rückseite.

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