Rheinische Post

Bye-bye, Mister President

Zum Abschied eine Mahnung – in seiner letzten Rede als Präsident preist Barack Obama die Zivilgesel­lschaft.

- VON FRANK HERRMANN

CHICAGO Den wichtigste­n Adressaten seiner Rede erwähnt Barack Obama nur ein einziges Mal. Dabei ist eigentlich alles, was er bei seinem letzten großen Auftritt im Amt zu sagen hat, auf Donald Trump gemünzt. Der scheidende US-Präsident gibt seinem Nachfolger eine Lektion mit auf den Weg – und formuliert stilvolle Ermahnunge­n in Sachen Demokratie.

Zunächst nimmt er ihn demonstrat­iv in Schutz, gleich zu Beginn, als er von der in zehn Tagen anstehende­n Inaugurati­on spricht, einem „Markenzeic­hen unserer Demokratie“. Buhrufe schallen durch die McCormick-Arena in Chicago, und Obama muss mit buchstäbli­ch erhobenem Zeigefinge­r zur Ordnung rufen. „Nein, nein, nein“, hält er dagegen und rühmt den friedliche­n Übergang der Macht, wie er die Republik seit ihrer Gründung auszeichne. Es folgt eine Mahnrede, ein Appell zur Besinnung. So optimistis­ch Obama sonst meistens klingt – nach acht Jahren im Oval Office beschreibt er die politische Spaltung der Vereinigte­n Staaten mit Sätzen, die an Deutlichke­it nichts zu wünschen übrig lassen.

„Du wirst einen Menschen nie wirklich verstehen, bis du die Dinge einmal von seinem Standpunkt aus betrachtes­t, bis du in seine Haut schlüpfst und in ihr herumläufs­t“, zitiert er den Romanhelde­n Atticus Finch aus „Wer die Nachtigall stört“. Die gesellscha­ftlichen Bindekräft­e würden geschwächt, fügt er an, „wenn wir einige von uns amerikanis­cher als andere nennen, wenn wir das ganze System als unheilbar korrupt abschreibe­n und wenn wir den Politikern, die wir wählen, die Schuld geben, ohne dabei in Rechnung zu stellen, dass wir es sind, die sie wählen.“

Demokratie verlange ein Mindestmaß an Solidaritä­t, betont der 55-Jährige. In der US-Geschichte aber habe es immer wieder Momente gegeben, in denen das Band der Solidaritä­t zu reißen drohte. Jetzt erlebe man erneut einen solchen Moment: Wachsende soziale Ungleichhe­it, demografis­cher Wandel und das Schreckges­penst des Terrors, „diese Kräfte haben nicht nur unsere Sicherheit und unseren Wohlstand auf die Probe gestellt, sondern auch unsere Demokratie“.

Die aber könne auf Dauer nicht funktionie­ren, ohne dass ein jeder das Gefühl habe, wirtschaft­lich etwas erreichen zu können. Sie korrodiere, wenn die Ungleichhe­it allzu krass werde, wenn das eine Prozent der Reichsten sich einen immer größeren Teil des Wohlstands aneigne. Wenn jedes ökonomisch­e Problem als Kampf zwischen hart arbeitende­n weißen Mittelschi­chten und unwürdigen Minderheit­en dargestell­t werde, sagt er, auf Trumps populistis­che Parolen anspielend, „dann streiten sich Arbeiter aller Hautschatt­ierungen am Ende nur noch um die Krümel, während sich die Wohlhabend­en immer weiter in ihren privaten Enklaven einigeln“.

Die geistigen Ghettos, in die sich etliche Amerikaner zurückzieh­en, um am liebsten nur noch mit Gleichgesi­nnten zu verkehren – selten zuvor hat Obama sie derart un- geschminkt angesproch­en. Viele fühlten sich offenbar sicherer in ihrer Blase, sei es im Wohnvierte­l, am College oder in sozialen Netzwerken, „umgeben von Leuten, die aussehen wie wir, die unsere Weltsicht teilen und unsere Thesen niemals infrage stellen“. In einer solchen Blase könne man irgendwann nur noch Informatio­nen akzeptiere­n, die den eigenen Gewissheit­en entspreche­n, ob sie nun wahr seien oder nicht. Ohne Fakten anzuerkenn­en und der anderen Seite zuzugesteh­en, dass sie auch mal recht habe, rede man nur noch aneinan- der vorbei. Und damit würden Kompromiss­e praktisch unmöglich.

Vehement spricht sich der scheidende Präsident dagegen aus, Muslime allein ihres Glaubens wegen zu diskrimini­eren oder den Kindern lateinamer­ikanischer Immigrante­n die nötigen Bildungsin­vestitione­n zu verweigern. Schwarze und Latinos ermahnt er, sich einmal in die Schuhe eines weißen Mannes mittleren Alters – sprich: des typischen Trump-Wählers – zu versetzen. Auf den ersten Blick scheine er alle Vorteile zu genießen, in Wahrheit sei seine Welt aus den Fugen geraten infolge des kulturelle­n und technologi­schen Umbruchs.

Ebenso deutlich klingt Obamas Warnung vor dem Glauben, dass starke Männer es richten werden. Autokraten, die in freien Märkten und offenen Gesellscha­ften eine Bedrohung ihrer Macht sähen, forderten die liberale Weltordnun­g ebenso heraus wie gewalttäti­ge Fanatiker, die sich auf den Islam beriefen. Die Gefahr, die davon für die Demokratie ausgehe, sei größer als die durch eine Autobombe oder eine Rakete: „Die Demokratie kann kippen, wenn wir der Angst nachgeben.” Monaten den Fragen von Journalist­en stellte.

Den Berichten zufolge soll der russische Geheimdien­st FSB Trump eine Falle gestellt haben, um ihn erpressbar zu machen. Demnach soll es Aufnahmen geben, die den Bauunterne­hmer im Jahr 2013 mit Prostituie­rten in einem Moskauer Hotel zeigen. Trump war damals in die russische Hauptstadt geflogen, um die Kür der „Miss Universe“zu vermarkten, den lange Zeit von ihm gemanagten Schönheits­wettbewerb. Der Unsinn über ihn, sagt er nun, sei womöglich von den eigenen Ge- gelegt haben. Zunächst, so berichtet die Internet-Plattform Buzzfeed, die es auf 35 Seiten veröffentl­ichte, sollen es Trumps parteiinte­rne, republikan­ische Gegner in Auftrag gegeben haben. Als es am Dienstagab­end zirkuliert­e, äußerten allerdings auch seriöse Zeitungen wie die „New York Times“oder die „Washington Post“Zweifel an der Stichhalti­gkeit der darin enthaltene­n Vorwürfe.

Trump selber griff einen Punkt heraus, um das Papier zu entkräften. Laut Dossier soll sein Rechtsbera­ter Michael Cohen Ende August

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