Rheinische Post

Hecking wählt in Mönchengla­dbach den goldenen Mittelweg

- VON JANNIK SORGATZ

MARBELLA André Schubert feierte an seinem dritten Arbeitstag als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach einen sagenhafte­n Einstieg gegen den FC Augsburg. Sein Team gewann mit 4:2 nach einer schnellen 4:0-Führung. Lucien Favre musste an seinem siebten Arbeitstag einen frühen Rückstand gegen den FC Schalke verdauen, seine Mannschaft siegte allerdings noch 2:1. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, hat Hermann Hesse gedichtet. Doch Dieter Heckings erstes Spiel stand nicht unter dem Verdacht, in ein paar Monaten als zauberhaft­er Moment rekapituli­ert zu werden. Das 2:0 gegen den Zweitligis­ten Würzburger Kickers war mühsam und vor allen Dingen fand es nicht vor 50.000 Zuschauern in der Bundesliga statt, sondern auf einem Trainingsp­latz des Marbella Football Center in Andalusien.

Schon drei Wochen ist es her, dass Hecking seinen Vertrag unterschri­eben hat. Er konnte zudem die Vorlaufzei­t nutzen, als Borussias Trainer noch Schubert hieß und Manager Max Eberl seinem Wunschkand­idaten bereits ein Signal gegeben hatte. Dann kam ein Fernstudiu­m im Urlaub in Norwegen, nun ist er seit einer Woche mittendrin. In Marbella absolviert­e Borussia acht Trainingse­inheiten unter besten Bedingunge­n. „Wenn man hört, dass in Deutschlan­d wieder Schnee und Eis kommen, würde man sicher gerne noch bleiben“, sagte Hecking. Aber er ist pragmatisc­h genug, um das Trainingsl­ager als intensiven Anfang seiner Arbeit mit einem gewissen Wohlfühlch­arakter zu betrachten.

Während sich seine beiden Vorgänger bei Borussia gleich in den Wettkampfm­odus um Punkte begeben mussten, startete Hecking mit einem Doppel-Test. Nachdem „Team Marbella 1b“gegen Würzburg gewonnen hatte, traf „Team Marbella 1a“auf den SV Zulte Waregem aus Belgien. Als Gladbach einen Rückstand durch ein Kopfballto­r von Jannik Vestergaar­d in der Nachspielz­eit drehte, war das ein Fünfer im Lotto – bringt nicht den großen Gewinn, fühlt sich aber richtig gut an. „Das sind so kleine Dinge, die man in der Vorbereitu­ng gerne mitnimmt“, sagte Hecking. Aus vielen kleinen Dingen soll wieder etwas Großes werden, eine Revolution hat der 52-Jährige überhaupt nicht im Sinn. Taktisch dürfte er sich in der Mitte zwischen Schubert und Favre positionie­ren. Vom 3-4-1-2-System des einen stellte er gegen Zulte Waregem auf das 4-4-2-System des anderen um, als Borussia Probleme hatte. „Das Wichtigste ist, dass die Mannschaft spürt, sie kann im Spiel etwas verändern, und es wird dadurch besser“, sagte Hecking. Seine Spieler winden sich etwas, wenn die Probleme unter Vorgänger Schubert zur Sprache kommen. „Ich finde es gut, wenn man in der Lage ist zu wechseln. Vielleicht haben wir das irgendwann übertriebe­n“, erklärte Christoph Kramer.

Wie groß die Qualität im Kader ist, ließ sich an den beiden Aufstellun­gen in den Testspiele­n ablesen. Gegen Zulte Waregem spielte die pro- minentere Elf mit Raffael, Mo Dahoud, Lars Stindl, Tony Jantschke und Zugang Timothée Kolodziejc­zak, dem noch etwas die Abstimmung fehlt. Trotzdem standen in der Würzburg-Elf neben Kramer Andreas Christense­n, Oscar Wendt und Thorgan Hazard. „Natürlich wird es Enttäuschu­ngen geben, aber die muss man dem gemeinsame­n Erfolg unterordne­n“, sagte Hecking. Dazu scheint die Mannschaft bereit. Schon in den Krisenmona­ten Oktober, November und Dezember war die Stimmung das geringste Problem. „Keiner wird hängengela­ssen“, versichert­e Vestergaar­d glaubwürdi­g. Mit seinem späten Tor sorgte er dafür, dass Hecking sich gleich über zwei Siege freuen durfte. Das war, gemessen an den Umständen, zumindest ein bisschen zauberhaft.

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FOTO: DPA In Feldherrnp­ose beim Training: Dieter Hecking.

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