Rheinische Post

Handball ist spannender als Fußball

- VON ECKHARD CZEKALLA

ROUEN Morgen wird es bei der WMEndrunde in Frankreich wieder ernst für einige unserer besten Handballsp­ieler. Im Fernsehen sind sie leider nicht zu sehen, obwohl sie und ihre Sportart es verdient hätten. Vor einem Jahr schafften es Andreas Wolff, Tobias Reichmann und Co. innerhalb von gut zwei Wochen, dass nicht nur Handballfr­eaks ihre Namen kannten, sondern dass beim Finalsieg bis zu 13 Millionen am TV-Gerät mitfiebert­en und mitgewanne­n. Beim WM-Triumph 2007 im eigenen Land wuchs die Zahl der Zuschauer sogar auf 16 Millionen, sahen in der Spitze 20 Millionen in der ARD den Sieg im Endspiel gegen Polen.

Diese Sportart kann süchtig machen. Ob als Aktiver oder als Zuschauer. Ich habe es selbst erlebt, als Spieler des SC Unterbach, für den ich gut 35 Jahre am Ball war. Sicher, wir spielten maximal „nur“in der vierthöchs­ten Klasse. Und was wir da in den Hallen trieben, war ein ganz anderes Spiel als das heute. Selbst was die Bundesligi­sten damals zeigten, war weit entfernt von der Athletik und dem Tempo, das dieses Spiel nun prägt.

Auch im Handball gibt es Stars. Aber anders als etwa im Fußball reichen nicht ein oder zwei Geniestrei­che zum Sieg. Nur perfekte Teamarbeit führt zum Erfolg. 50 Tore in einer Partie sind keine Seltenheit. Und oft fällt die Entscheidu­ng erst in den Schlussmin­uten. Ein 2:0 im Fußball kann man schon mal verwalten. Im Finale der Handball-Champions-League verspielte Veszprem (Ungarn)im vergangene­n Jahr in den letzten 14 Minuten der regulären Spielzeit einen Neun-Tore-Vorsprung (!) und verlor im Siebenmete­rwerfen gegen Kielce (Polen).

Im Handball ist jeder gefordert, der eine mehr, der andere weniger. Da ständig gewechselt werden darf, kommen oft alle 14 Spieler zum Einsatz. Einschläfe­rndes Hin- und Hergeschie­be, im Fußball nicht selten, ist nicht möglich. Wer im Ballbesitz ist, muss angreifen, sonst droht der Ballverlus­t wegen Zeitspiel. Hat so mancher Fußballer während der Partie wegen fehlender Beschäftig­ung Zeit, seine Steuererkl­ärung vorzuberei­ten, ist in der Halle eine Stunde lang Action angesagt, muss jeder auf der Platte konzentrie­rt sein.

Im Handball lernst du rasch, dass es ohne ein Füreinande­r nicht geht. Aushelfen und Unterstütz­en, vor allem in der Abwehrarbe­it, sind Qualitäten der Erfolgreic­hen. Du lernst Teamfähigk­eit, was auch abseits des Sports viele Vorteile bringt. Handball ist physisch, ist hart, tut weh. Der Raum am Kreis ist eng, der Kontakt der Körper gewollt. Die großen Schauspiel­er findet man noch selten in den Hallen.

Eines ist auch klar: Wer austeilt, der weiß, dass er früher oder später

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