Rheinische Post

Somuncu ledert gegen TV-Branche

Der Kabarettis­t legt sich nicht nur mit dem WDR an, sondern kritisiert vermeintli­che Zensur.

- VON SEBASTIAN DALKOWSKI

DÜSSELDORF Der Tag, an dem ein Serdar Somuncu klein beigibt, ist noch nicht gekommen. Eine WDRRedakte­urin hatte gegen den 48jährigen Kabarettis­ten einen Anspruch auf Unterlassu­ng abgegeben, weil dieser sie auf einer Veranstalt­ung im November 2015 „Arschloch“und „Keimzelle des Faschismus“genannt und ihr Zensur vorgeworfe­n haben soll. Somuncu selbst machte daraufhin den juristisch­en Vorgang auf seinem Facebook-Account überhaupt erst bekannt. Knapp einen halben Tag prangte daraufhin ein „Zensiert“über seinem Facebook-Account.

Der WDR stellte sich an die Seite seiner Redakteuri­n. „Wir unterstütz­en sie dabei, da wir nicht dulden, dass unsere Mitarbeite­rin öffentlich als ,Keimzelle des Faschismus‘ oder ,Arschloch‘ bezeichnet wird.“Somuncu warf daraufhin dem WDR vor, seine Zitate sinnentste­llt wiedergege­ben zu haben, „um den eigentlich­en Vorwurf der Zensur zu vertuschen.“

Durch den Vorgang bekommt nun auch das Video der Veranstalt­ung eine Aufmerksam­keit, die es vorher nicht hatte. Dieses zeigt, dass es Somuncu um viel mehr ging als eine WDR-Redakteuri­n. Im November 2015 hatte Somuncu sich vor Publikum zwei Stunden von der Journalist­in Mely Kiyak interviewe­n lassen. Dort sagte er, dass fast alle seine Fernsehauf­tritte geschnitte­n worden seien: „Da ist der Rotstift gezückt wie eine Waffe in der Tasche.“Am Ende nennt er Namen, darunter Thomas Hermanns vom „Quatsch Comedy Club“(ProSieben) und die WDR-Redakteuri­n. „Diese Arschlöche­r nehmen sich raus, uns im Namen der Gebührenza­hler zu zensieren. Und das war für mich die Keimzelle des Faschismus.“

In seinem Buch „Der Adolf in mir“konkretisi­ert Somuncu die ZensurVorw­ürfe. Über eine WDR-Sendung schreibt er, die zuständige Redakteuri­n habe nach seinem Auftritt verkündet, „ich stünde ab sofort auf der roten Liste für unerwünsch­te Gäste“. Der WDR bestreitet das. „Dieser Satz ist so nie gefallen“, sagte eine Sprecherin. „Herr Somuncu hatte zudem nach der Sendung Auftritte in weiteren von der Redakteuri­n verantwort­eten Sendungen.“

Über die Ausstrahlu­ng seines Auftritts im „Quatsch Comedy Club“schreibt er: „Das Ding war vollkommen verstümmel­t.“Nach eigenem Bekunden war das geschehen, weil den Verantwort­lichen der Humor nicht geschmeckt habe, der sich auch ironisch gegen die Sendung selbst gerichtet habe. Somuncus Fazit: „Fast in jeder Sendung, in der ich in den letzten 20 Jahren aufgetrete­n bin, wurde nachträgli­ch gestrichen. Mal, weil es den Werbepartn­ern nicht passte, mal, weil es der Redakteur zu heikel fand.“

Der „Quatsch Comedy Club“ließ eine Anfrage unserer Redaktion unbeantwor­tet.

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FOTO: PRIVAT Kurze Zeit prangte ein „Zensiert“über dem Facebook-Account des 48-jährigen Kabarettis­ten Serdar Somuncu.

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