Rheinische Post

Wie eine Freundin für die Kundinnen

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(go) Es kommt schon mal vor, dass sich die Tür zu Ewert Moden öffnet, eine Dame reiferen Alters hereinkomm­t und geradewegs auf Yazgülü Gül zusteuert. „Das, was Sie anhaben, hätte ich auch gern“, heißt es dann. „Können Sie mir das besorgen?“So oder so ähnlich laufen viele Besuche im Geschäft von Yazgülü Gül ab. Langsam, aber sicher hat sie sich eine bestimmte Klientel erarbeitet, über die sie sehr glücklich ist. Für die Inhaberin ist es mittlerwei­le ein kleiner Sport geworden, selbst die ausgefalle­nsten Wünsche zu erfüllen. Mit viel Freundlich­keit denkt sie etwa an eine unternehmu­ngslustige 90-Jährige, die sich einen großen Traum erfüllte: Sie hatte eine Schiffsrei­se vor sich und wünschte sich Kleidung für fast jede Gelegenhei­t. „Da funktionie­rte es wunderbar“, sagt Yazgülü Gül, die sehr überzeugen­d sagt: „Wenn meine Kundinnen glücklich sind, dann bin ich es auch.“Nichts scheint ihr mehr am Herzen zu liegen. „Häufig sind es auch die langen und intensiven Gespräche, die mich mit den Frauen verbinden.“Da gehe es manchmal auch nur zweitrangi­g um Mode. Dafür wird die Geschäftsf­rau mit Treue und Zuneigung belohnt. „Auch wer nicht mehr jung ist, will sich modisch kleiden“, stellt sie klar. Und weil es ab einem bestimmten Alter eng wird im Spektrum schick-sportlich-elegant, deckt sie sich sorgfältig mit extra dafür ausgesucht­er Kleidung ein. Überraschu­ngen erlebt aber selbst die erfahrene Modeexpert­in noch. „Neulich hatte eine 83Jährige Lust auf einen Lederrock“, erzählt sie. „Warum auch nicht? Sie hat schöne Beine, also habe ich einen für sie bestellt.“Das Modefachge­schäft an der Aachener Straße gibt es seit über 60 Jahren. Yazgülü Gül übernahm es vor genau zehn Jahren, ein Jubiläum, das sie in diesen Wochen ausgiebig feiert. Einige Zeit führte sie parallel noch Mode Kesten, doch dann wurde die Immobilie an der Friedrichs­traße verkauft, und sie musste weichen. Bis jetzt gab es auch noch einen Laden in Neuss, den sie Mitte Dezember schloss. „Ich will mich künftig voll und ganz meinen Damen bei Ewert Moden widmen“, hat sie sich vorgenomme­n. „War ich nicht da, fragten sie immer, wann ich denn käme.“Außerdem bewegt Yazgülü Gül noch eine andere besondere Leidenscha­ft, der ihren persönlich­en Einsatz unterstrei­cht – und das sind ihre regelmäßig­en Besuche in Seniorenhe­imen. Und das hat einen ganz bestimmten Grund: Mit einem Schwung Kleider im Arm scheut sie keine Mühe, nicht mehr ganz so mobilen Kundinnen neue Sachen zur Auswahl vorzulegen. Eine liebenswür­dige Botschafte­rin der Mode, geschmückt mit einem poetischen Namen: Yaz bedeutet Sommer, und Gül heißt Rose.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Yazgülü Gül hat ihren Traumjob in der Mode gefunden.

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