Liebesgrüße aus Moskau
Eine Story wie bei James Bond: Ein britischer Ex-Agent soll im Auftrag von Trump-Gegnern aus Washington belastende Informationen über dessen russische Kontakte ausgegraben haben. Beweise für deren Echtheit gibt es bisher nicht.
DÜSSELDORF Christopher Steele hat es offenbar ziemlich eilig gehabt. „Kümmern Sie sich bitte um meine Katze“, habe er ihn gebeten, erzählt ein Nachbar. Er müsse für ein paar Tage verreisen. Dann habe Steele die Tür zu seiner Wohnung in der Grafschaft Surrey südlich von London abgeschlossen und sei mit unbekanntem Ziel verschwunden. „Untergetaucht“trifft es wohl besser. Denn Steele, ehemaliger Agent „Hexenjagd“auf seine Person und kündigte Konsequenzen an.
US-Geheimdienstdirektor James Clapper zeigte sich „zutiefst bestürzt“über die Veröffentlichung des Berichts, die er als „äußerst zerstörend und schädlich für unsere nationale Sicherheit“bezeichnete. Clapper beharrte aber darauf, dass die Dokumente nicht von den USDiensten stammten und er auch nicht glaube, dass sie für ihre Veröffentlichung verantwortlich seien. In der Frage, ob die Informationen über Trump denn glaubwürdig seien, wollte sich Clapper aber bemerkenswerterweise nicht festlegen.
Denn für vollkommen abwegig halten Geheimdienstkreise das Szenario nicht, wonach das belastende Material gegen Trump ursprünglich vom russischen Geheimdienst zusammengestellt wurde. Das Sammeln oder auch Fälschen belastender Dokumente („Kompromat“), um Gegner zu erpressen, hat in der russischen Politik Tradition. Oft geht es dabei um Belege für Korruption oder kriminelle Machenschaften, manchmal aber auch um Beweise für sexuelle Eskapaden, die zur Waffe werden können.
Klar scheint, dass das brisante Papier über Trumps Russland-Con- nection schon seit einigen Wochen in Washington kursierte. Nach einem Bericht des Senders CNN hat die US-Bundespolizei FBI es im Dezember erhalten. Der republikanische Senator und frühere US-Präsidentschaftskandidat John McCain habe zuvor von der Existenz des Dossiers erfahren, es beschafft und an FBI-Chef James Comey weitergeleitet. Was plausibel klingt: Der alte Haudegen McCain gilt als eingefleischter Trump-Gegner und hält Russlands Präsidenten Wladimir Putin für eine Bedrohung.
Doch wer gab die Informationsbeschaffung in Auftrag? Die „New York Times“berichtet, der Auftrag, sensible und potenziell belastende Informationen über Trump zu sammeln, sei ursprünglich aus dem Umfeld eines republikanischen Kontrahenten Trumps gekommen. Ein unbekannter, wohlhabender Spender, der Trump ablehnt, habe das Geld dafür aufgebracht, berichtet die Zeitung. Bestellt wurde der Rapport demnach bei der Washingtoner Politikberatungsfirma Fusion GPS. Nach dem Sieg Trumps bei den Vorwahlen der Republikaner habe Fusion GPS die Recherchen dann im Auftrag von Geldgebern aus dem Umfeld der Demokraten fortgesetzt. Als die Schnüffelei immer brisanter und schwieriger wurde, sei der ExAgent Steele von Fusion GPS engagiert worden.
Steele war Anfang der 90er Jahre für den britischen Geheimdienst als Agent in Moskau und konnte sich bei seinen Nachforschungen zu Trumps Verbindungen in die russische Geschäftswelt und Politik auf seine alten Kontakte stützen. Der Mann ist ein Profi. Er gelte in Geheimdienstkreisen als „außerordentlich hoch angesehen“, berichtete die BBC. Steele soll aber irgendwann kein Geheimnis mehr um seinen Auftrag gemacht haben. Er habe Journalisten in den vergangenen Monaten wiederholt über Details aus dem Dossier informiert, schreibt der „Telegraph“. Herr Werz, wird Trump seinen umstrittenen Schmusekurs gegenüber Russland durchsetzen können? WERZ Er wird es versuchen – entweder weil er kompromittiert ist oder weil ihm die Anerkennung der russischen Landnahmen wichtiger ist als die Sicherheit der USA sowie der europäischen Alliierten. Angesichts der psychischen Struktur Trumps steht allerdings zu befürchten, dass all dies bei der ersten Krise ins Gegenteil und geopolitische Konfrontation umschlagen könnte. Wie sicher kann sich Trump der republikanischen Mehrheit sein? WERZ Innerhalb der republikanischen Partei geben sich immer noch viele der Illusion hin, es werde schon nicht so schlimm. Der rechte Parteiflügel um die Tea Party ist glücklich und die Abgeordneten der fundamentalistischen Protestanten ebenfalls. Einzig unter den alten außenpolitischen Hardlinern um John McCain macht sich Unmut wegen der russischen Wahlmanipulation breit. Und die fiskalkonservative Strömung um den Sprecher des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, macht sich Sorgen wegen der unfinanzierbaren Wahlversprechen. Kann man sagen, wie Trump zu Deutschland steht? WERZ Nein. Abgesehen von seinen beleidigenden Äußerungen gegenüber Angela Merkel, hat sich Trump nicht dem Verdacht ausgesetzt, dass er viel über die transatlantischen Beziehungen nachgedacht hat. Desinteresse könnte vielleicht noch die beste Option für Deutschland sein – und die Hoffnung, dass Trump keinen Twitter-Feldzug gegen den Exportweltmeister unternimmt.