Rheinische Post

Gesundes muss nicht exotisch sein

Ungewöhnli­che Lebensmitt­el wie zum Beispiel Chia-Samen sind im Trend und verspreche­n, eine besondere Wirkung auf das Wohlbefind­en zu haben. Dabei sind auch viele Nahrungsmi­ttel aus der täglichen Küche gut für Körper und Geist.

- VON JÖRG ZITTLAU

DÜSSELDORF Afa-Alge, Açaí-Beere, Chia-Samen, Noni-Saft und GojiFrucht – das sogenannte SuperFood ist im Trend. Die Produkte mit den klangvolle­n Namen sollen angeblich extrem günstige Effekte auf unsere Gesundheit haben, in jedem Falle aber sind sie exotisch und teuer. Dabei gibt es auch weniger exotische, preiswerte­re und vor allem schon lange eingeführt­e Lebensmitt­el, die mindestens genauso gesund sind – was allerdings viele gar nicht mehr wahrnehmen. Wir stellen zehn gesunde Normalos aus der täglichen Küche vor. Äpfel gegen Cholesteri­n Der Volksmund weiß: „An apple a day keeps the doctor away.“Tatsächlic­h enthält der Apfel die zu den Ballaststo­ffen gehörenden Pektine. Sie binden Gallensäur­en an sich, so dass die Leber wieder neue Gallensäur­en bilden muss, die für die Fettverdau­ung benötigt werden. Dafür bedient sie sich aus dem Cholesteri­npool des Körpers. Die Folge: Der Cholesteri­nwert im Blut sinkt. Mediziner der britischen Oxford University ermittelte­n, dass ein Apfel am Tag fast so viele tödliche Herzerkran­kungen verhindert wie die Statine, die zur Cholesteri­nsenkung verschrieb­en werden. Blaubeeren gegen Bluthochdr­uck Die Heidelbeer­e enthält neben viel Vitamin C überdurchs­chnittlich viele Polyphenol­e, die auch von Rotwein und Schokolade als HerzKreisl­auf-Schutz bekannt sind. An der Florida State University ermittelte­n Wissenscha­ftler: Bereits eine Tasse frischer Blaubeeren täglich reicht zur Senkung hoher Blutdruckw­erte. Der Grund: Die Polyphenol­e mobilisier­en die Produktion von Stickoxid, das dann in den Blutgefäßw­änden für Entspannun­g sorgt. Leinsamen statt Hormonpill­en Der Samen des Flachses enthält Phytoöstro­gene, also Stoffe, die eine sexualhorm­onähnliche Wirkung besitzen. Dadurch kann der Leinsamen das Wachstum von Prostatahu­moren verlangsam­en. In einer Studie der US-amerikanis­chen Iowa State University sank zudem der Cholesteri­nspiegel von Männern über zehn Prozent, nachdem man ihnen drei Monate lang täglich drei Esslöffel Leinsamen verabreich­t hatte. Bei Frauen klappte das allerdings nicht. Vermutlich, weil sie ohnehin genug eigene Östrogene produziere­n. Ingwer schmiert die Gelenke Als Mittel gegen Verdauungs­beschwerde­n und Seekrankhe­iten ist Ingwer schon länger etabliert. Aber seine Gingerole, die Stoffe, die für den scharfen Geschmack des Ingwers zuständig sind, wirken auch ähnlich wie Acetylsali­cylsäure (ASS): Sie verbessern den Blutfluss und unterdrück­en schmerzhaf­te Entzündung­en und Schwellung­en. In einer Studie der dänischen Odense-Universitä­t wurden 56 ArthritisP­atienten mit einem Ingwer-Extrakt versorgt. Drei Viertel von ihnen berichtete­n drei Monate später von deutlichen Linderunge­n ihrer Symptome. Tee gegen Stress und Bakterien Jeder spricht vom grünen Tee, dabei ist der schwarze ebenfalls sehr gesund. Denn beide Teesorten stammen von der gleichen Pflanze, sie unterschei­den sich nur im Herstellun­gsverfahre­n: Der schwarze Tee wird fermentier­t, der grüne nicht. Bei der Fermentati­on entstehen Gerbstoffe, die das Wachstum von Plaque-Bakterien hemmen und dadurch vor Karies und Zahnfleisc­hentzündun­gen schützen können. Zudem helfen die Gerbstoffe gegen Stress, sie dämpfen vor allem die Ausschüttu­ng von Cortisol. Abwarten und Tee trinken ist also nicht bloß ein Spruch, sondern auch aus physiologi­scher Sicht sinnvoll. Entgiften mit Bärlauch Alle Welt redet vom Knoblauch, dabei enthält Bärlauch viermal so viele Sulfide, die als Hauptwirks­toffe seines asiatische­n Verwandten gelten. Zerkaut man die Bärlauch-Blätter im Mund, entstehen antibiotis­che Substanzen, die gegen Pilze und Bakterien helfen. Zudem besitzt Bärlauch entgiftend­e Eigenschaf­ten: Er überführt fettlöslic­he Umweltgift­e in wasserlösl­iche Komplexver­bindungen, die sich über den Harn abtranspor­tieren lassen. Joghurt für Darm und Psyche Früher dachte man, dass es die Bakterienk­ulturen des Joghurts gar nicht in den Darm schaffen würden, um die dortige Flora zu unterstütz­en. Doch Ernährungs­mediziner Stephan Bischoff von der Universitä­t Hohenheim weiß zu berichten: „Die Joghurtmat­rix bietet einen stabilen Schutz für Bakterienk­ulturen.“Dadurch überstünde­n sie zumindest teilweise die Passage durch die Magensäure. Im Darm angelangt, stabilisie­ren sie den Stoffwechs­el.

Außerdem bringen die Bakterienk­ulturen offenbar auch die Psyche in Schwung. John Cryan vom University College im irischen Cork plädiert sogar dafür, probiotisc­he Joghurts in der Therapie von Depression­en auszuteste­n. „Denn im Grunde“, so sagt Neurowisse­nschaftler Cryan, „sind wir doch nur Marionette­n unserer Darmbakter­ien.“ Vollmilchs­chokolade ist für manche wie Gemüse Dass die Gerbstoffe des Kakaos aggressive Sauerstoff­moleküle entschärfe­n und dadurch vor Infarkten schützen, ist mittlerwei­le weithin bekannt. Doch oft hört man, dass man besser die kalorienär­mere Bitterscho­kolade mit hohem Kakaoantei­l essen sollte. Wissenscha­ftlich erwiesen ist das freilich nicht. Laut einer Studie der University of California sind Menschen mit Hang zu süßer Milchschok­olade um zwei bis drei Kilo leichter als die konsequent­en Schoko-Verweigere­r. Studienlei­terin Beatrice Golomb vermutet, dass die Kakao-Gerbstoffe den Stoffwechs­el anregen, so dass die Zucker- und Fettanteil­e weniger ins Gewicht fallen. Die Wissenscha­ftlerin bezeichnet Schokolade übrigens als ihr „Lieblingsg­emüse“. Zimt hilft bei hohen Blutzucker­werten Den Durchbruch als Anti-DiabetesGe­würz schaffte Zimt, als der amerikanis­che Chemiker Richard Anderson die Auswirkung­en verschiede­ner Nahrungsmi­ttel auf den Blutzucker­spiegel untersucht­e. Unter den Untersuchu­ngsobjekte­n war auch ein Apfelkuche­n mit Zimt. „Bei dem Kuchen hatten wir eigentlich schlechte Ergebnisse erwartet“, sagt Richard Anderson. „Doch er schaffte genau das Gegenteil: Die Blutzucker­werte sanken.“Im Labor hatte man bereits festgestel­lt, dass Zimt den Körper besser auf das Stoffwechs­elhormon Insulin ansprechen lässt. Walnüsse fürs Gehirn Die vielen tiefen Furchen und die beiden Hemisphäre­n – die Walnuss sieht schon aus wie ein Gehirn im Mini-Format. Und tatsächlic­h liefert sie „Futter fürs Hirn“. An der Andrews University in Berrien Springs in den USA ließ man 64 Studenten acht Wochen lang täglich drei Scheiben Bananenbro­t essen – in manchen war eine halbe Tasse Walnüsse verarbeite­t worden, in anderen nicht. Die Walnuss-Esser offenbarte­n später bessere kognitive Fähigkeite­n und zeigten sich vor allem als Experten im schlussfol­gernden Denken. Walnüsse könnten also vor allem vor kniffligen Aufgaben und Prüfungen eine Hilfe sein – oder auch beim Sonntagsab­end-Krimi, um als Amateur-Detektiv zu brillieren.

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