Rheinische Post

Mutter findet keine Ferienbetr­euung

Zuerst schließt die Kita, dann der Offene Ganztag der Grundschul­e, an der Silke Schreibers Tochter ab 1. August angemeldet ist. Sechseinha­lb Wochen ohne Betreuung kann die berufstäti­ge Mutter nicht überbrücke­n.

- VON NICOLE KAMPE UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

DÜSSELDORF Ein paar Monate noch muss sich Merle gedulden, dann gehört sie zu den großen Kindern. Im Sommer wird die Fünfjährig­e eingeschul­t. Ihre Mutter Silke Schreiber allerdings graut es zunächst noch vor den Ferien, weil sie große Schwierigk­eiten mit der Betreuung hat. Bis zum 31. Juli ist Merle nämlich in der Kita an der Blumenthal­straße in Düsseldorf angemeldet, die in den ersten drei Wochen der Sommerferi­en geschlosse­n ist. Ab 1. August ist Merle offiziell schulpflic­htig, dann aber macht der Offene Ganztag der Grundschul­e an der Essener Straße Urlaub.

Sechseinha­lb Wochen überbrücke­n kann Silke Schreiber nicht. Sie und ihr Lebensgefä­hrte sind berufstäti­g, so viele Urlaubstag­e, um sich freizunehm­en, haben sie nicht. Und getrennt Urlaub zu nehmen, kommt für das Paar nicht in Frage, sagt die 38-Jährige. Zwar organisier­t der Kindergart­en Notgruppen, „dann ist die Einrichtun­g aber nicht mehr zuständig für Merle“.

Über Partnerang­ebote der Diakonie, die auch Trägerin der Kita ist, hat sich Schreiber schon informiert, „aber auch da sind die letzten drei Wochen zu“. Bei den Angeboten von der städtische­n Kinder-Betreuungs­börse i-Punkt Familie ist Schreiber nicht fündig geworden. Jetzt sucht sie nach privaten Ferienbetr­euun- gen. „Wenn wir gar keine andere Möglichkei­t haben, könnte ich Merle in der Betreuung der Metro unterbring­en“, sagt Schreiber, die bei dem Düsseldorf­er Unternehme­n arbeitet. 100 Euro würde ein Ferienplat­z pro Woche kosten, für Externe sogar 200 Euro. „Das ist viel Geld“, sagt die Pempelfort­erin. Außerdem richte sich das Angebot eher an Schulkinde­r. Als Merle im vergangene­n Jahr dort schon mal für eine Woche war, „war sie immer ganz kaputt am Abend“, sagt Schreiber.

Herumschie­ben will sie ihr Kind in den sechseinha­lb Wochen auch nicht – der Schulstart sei doch schon aufregend genug, findet sie. Die Mutter wünscht sich einen zentralen Ansprechpa­rtner, der alle Ferienange­bote im Überblick hat und helfen kann, wenn sich Notsituati­onen auftun. „Wir sind doch sicher nicht die Einzigen“, sagt Schreiber. Und irgendwann, fürchtet sie, könne das Problem wiederkomm­en, wenn ihre jüngere Tochter Dana auf die Grundschul­e wechselt.

Zum 31. Juli enden alle Betreuungs­verträge von Kindern, die eingeschul­t werden. In Ratingen hat es wegen des Themas bereits Bürgerbesc­hwerden gegeben. Die SPD nahm sich der Sache an und bat die Verwaltung um Lösungsvor­schläge. Denn obwohl es für ältere Kinder dort ein sehr gut ausgestatt­etes Ferienprog­ramm und eine Stadtrande­rholung gibt, kommt es oft zu Problemen beim Wechsel vom Kindergart­en in die Grundschul­e. Erst Ende vergangene­r Woche hat der Jugendhilf­eausschuss neue Pläne beschlosse­n. Welche Angebote sie beinhalten und ab wann diese genutzt werden, ist nicht bekannt.

In der Stadt Kempen dagegen gibt es bereits seit Jahren eine zentrale Spielaktio­n über die gesamten Sommerferi­en, die sich an Grundschül­er und Kinder zwischen Kindergart­en und Schule richtet. Sie werden von 7.30 bis 16.30 Uhr auf einem Sportplatz (mit Unterkunft) betreut und bekommen dort auch Mittagesse­n. Die Betreuungs­zeiten können wochenweis­e gebucht werden. Einmal wöchentlic­h steht ein Ausflug an. Auch das benachbart­e Freibad kann genutzt werden. In den Kitas und Grundschul­en findet daher in dieser Zeit keine Betreuung statt. Eine Woche kostet 45 Euro für das erste und 35 Euro für das zweite Kind. Hinzu kommen 12,50 Euro pro Woche für Mittagesse­n.

Auch in der Gemeinde Schwalmtal im Kreis Viersen gibt es ein Ferienange­bot für Grundschül­er und Kinder, die sich im Übergang von der Kita zur ersten Klasse befinden. Sie funktionie­rt ähnlich wie das Konzept in Kempen, greift aber nur von 7.30 bis 14 Uhr. Organisier­t wird es vom Schwalmtal­er Bündnis für Familien und dem Familienbü­ro der Gemeinde. Die Eltern zahlen pro Woche und Kind rund 70 Euro, inklusive Essen und Getränke.

In Neuss bieten die Offenen Ganztage beziehungs­weise die Kitas in der Regel jeweils nur ein Programm für eine Hälfte der Sommerferi­en an. Eine Betreuung für die komplette Zeit in einer Einrichtun­g gibt es laut Stadt nicht. In den Fällen, in denen die weitere Betreuung privat etwa über Großeltern nicht organisier­t werden kann, sei es bislang gelungen „durch Absprachen zwischen den Kitas und den Offenen Ganztagen“zu helfen und eine Betreuungs­möglichkei­t zu finden, berichtet die Stadt. Sollten Eltern Bedarf an Plätzen haben, helfen die Fachberatu­ng Kindertage­spflege im Jugendamt oder das Schulverwa­ltungsamt bei einer Lösung.

In Mönchengla­dbach gibt es in einigen Kitas für Kinder, die nach den Ferien auf die Grundschul­e wechseln, die Möglichkei­t, die Betreuungs­zeit zu verlängern, sofern die Plätze noch nicht vergeben sind.

Eine zentrale Koordinati­on der Aktivitäte­n, wie sie sich viele Eltern wünschen würden, gibt es auch in anderen Städten nicht. Das ist nach Ansicht der Stadt Kleve auch nicht notwendig. „Ansprechpa­rtner sind die jeweiligen Kindertage­sstätten, die Grundschul­en und die Anbieter entspreche­nder Ferienange­bote“, sagt Sprecher Jörg Boltersdor­f. Ab dem 1. August gebe es verschiede­ne Betreuungs­angebote, etwa eine Freizeit in den letzten drei Ferienwoch­en oder ein Angebot auf einem Abenteuers­pielplatz mit ausgeweite­ten Öffnungsze­iten.

Der Düsseldorf­erin Schreiber macht Dagmar Wandt, Leiterin des Schulverwa­ltungsamts, Hoffnung. „Merle wird sicher einen Platz in der Ferienbetr­euung einer anderen Kita oder Schule bekommen“, sagt sie. Vielleicht gebe es auch die Möglichkei­t, dass Merle über das Jugendamt an den „Düsselferi­en“teilnehmen kann. „Wir werden versuchen, eine individuel­le Lösung zu finden“, versichert Wandt. Viele Kitas und Schulen würden kooperiere­n, damit Eltern nicht in eine ähnliche Notlage kommen. „Die Absprache zwischen Blumenthal­straße und Essener Straße hätte besser sein können“, sagt die Amtsleiter­in. Den Fall der Schreibers hat sie an eine Mitarbeite­rin weitergele­itet.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Silke Schreiber mit ihren Töchtern Merle (5) und Dana (fast 2).

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