Rheinische Post

VW wehrt sich gegen Piëchs Vorwürfe

- VON J. DREBES, B. MARSCHALL UND F. RINKE

BERLIN Dass der Name „Volkswagen“nicht mehr so ganz zur Vergütung der eigenen Manager passt, ahnte man bereits 2012. Damals nahm Ex-Chef Martin Winterkorn ein Jahresgeha­lt von 17,4 Millionen Euro mit nach Hause. Zuletzt wurde das Thema wieder akuter – und spätestens als bekannt wurde, dass die Managerin Christine Hohmann-Dennhardt nach nur 13 Monaten im Amt zwölf Millionen Euro bekam, war klar: Nicht nur VW hat ein Rechtferti­gungsprobl­em, sondern jetzt auch die SPD.

Deren Kanzlerkan­didat Martin Schulz propagiert soziale Gerechtigk­eit – muss aber aufpassen, dass nicht der Eindruck entsteht, seine Partei würde Wasser predigen und Wein trinken. Waren es mit Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil und Wirtschaft­sminister Olaf Lies nicht SPD-Politiker, die im VW-Aufsichtsr­at alles abgenickt hatten? Im Willy-Brandt-Haus stellt man sich bereits auf Anwürfe im Wahlkampf ein. Man verweist jedoch auf Schulz‘ klare Haltung in Sachen Deckelung der Managerbez­üge. So habe er nicht nur kritisch Stellung zu den Millionen-Beträgen bezogen, sondern sich auch für ein fixes Verhältnis zwischen den Gehältern der Belegschaf­t und denen der Führungskr­äfte ausgesproc­hen. Auch bei VW tut sich etwas. Montag wurde bekannt, dass die Vorstandsg­ehälter gedeckelt werden sollen. Höchstens zehn Millionen soll der

Vorstandsc­hef be- kommen, auch die Gehälter der anderen Manager würden angepasst. Ziel soll sein, dass der Konzern bei Vorstandsg­ehältern nur noch im Mittelfeld der Dax-Konzerne landet. „Wir brauchen eine Kappung der Vorstandsv­ergütung“, so IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, selbst Mitglied im VW-Aufsichtsr­at: „Die astronomis­chen Zahlen der Vergangenh­eit mit zweistelli­gen Millionenb­eträgen sind weder gesellscha­ftlich vermittelb­ar noch gerechtfer­tigt, wenn man das Prinzip von Leistung und Verantwort­ung als Maßstab gerechter Vergütung nicht ad absurdum führen will.“

VW ist kein Einzelfall. Die Hans-Böckler-Stiftung hat ausgerechn­et, dass Manager der DaxKonzern­e 2014 im Schnitt das 57-Fache ihrer Beschäftig­ten verdienten. Negativer Spitzenrei­ter waren VW und die Deutsche Post, an denen jeweils das Land Niedersach­sen beziehungs­weise der Bund beteiligt sind: Bei VW verdiente ein Vorstand das 141-Fache eines Angestellt­en, bei der Post war es das 132-Fache.

„Eine Deckelung ist prinzipiel­l richtig“, sagt Ingo Speich, Fondsmanag­er bei Union Investment: „Sie sollte aber mit Augenmaß erfolgen und auf das jeweilige Unternehme­n zugeschnit­ten sein.“Top-Manager sehen den Vorstoß kritisch: „Die Vorgabe einer Höchstquot­e wäre ein deutlicher Eingriff in die Eigentümer­rechte“, sagte Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard der „Zeit“. Persönlich empfinde er seine Vergütung als angemessen. Adidas-Chef Kasper Rorstedt argumentie­rte, Deutschlan­d stehe im internatio­nalen Vergleich hervorra- gend da. „Das belegt, dass die deutschen Unternehme­n und ihre Lenker zum überwiegen­den Teil einen guten Job machen und ihre Unternehme­n zum Wohle der Gesellscha­ft führen.“

Kritik an der SPD kommt vom Koalitions­partner – aus einem anderen Grund. Die Union wirft der SPD vor, eine im Koalitions­vertrag vereinbart­e Regelung für mehr Transparen­z bei Managergeh­ältern zu blockieren. Union und SPD hatten 2013 festgelegt, dass über die Vergütunge­n von Vorständen „künftig die Hauptversa­mmlung auf Vorschlag des Aufsichtsr­ats entscheide­t“. Für diese Regelung hat Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) jedoch bislang keinen Gesetzentw­urf vorgelegt. „Managergeh­älter müssen von der Hauptversa­mmlung abgesegnet werden, nicht vom Aufsichtsr­at. Es darf nicht sein, dass die Eigentümer einer Aktiengese­llschaft dabei nicht mitreden sollen“, sagte der CSU-Finanzpoli­tiker Hans Michelbach. Er unterstell­te der SPD, von den Gewerkscha­ften gesteuert zu werden: „Die Gewerkscha­ftsvertret­er wollen ihre Macht im Aufsichtsr­at nicht verlieren.“In den paritätisc­h mitbestimm­ten Aufsichtsr­äten haben Arbeitnehm­ervertrete­r die Hälfte der Mandate inne. Würde die Hauptversa­mmlung über Managergeh­älter entscheide­n, verlören die Gewerkscha­fter an innerbetri­eblichem Einfluss. Das Ministeriu­m begründete die Nicht-Umsetzung damit, dass die Regierung eine neue EU-Aktionärsr­ichtlinie abwarten wolle, die in Kürze vorgelegt werden solle. FRANKFURT (rtr) Volkswagen hat Vorwürfe des früheren Aufsichtsr­atschefs und VW-Großaktion­ärs Ferdinand Piëch zurückgewi­esen, wonach Ex-Chef Martin Winterkorn und Aufsichtsr­atsmitglie­der schon früher über den Dieselskan­dal informiert worden seien. Schon im Frühjahr 2016 habe sich Piëch im Rahmen der internen, unabhängig­en Untersuchu­ngen ähnlich geäußert wie zuletzt laut Medienberi­chten gegenüber der Staatsanwa­ltschaft, erklärte VW. Diese Darstellun­g sei im weiteren Verlauf durch die Kanzlei Jones Day eingehend und detaillier­t überprüft worden. Dabei hätten sich keine Anhaltspun­kte für die Richtigkei­t dieser Behauptung­en ergeben, sie seien insgesamt als unglaubwür­dig eingestuft worden. Der Vorstand werde mögliche Maßnahmen und Ansprüche gegen Piech sorgfältig prüfen, teilte der Konzern mit.

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