Rheinische Post

Zinstrick half bei NRW-Haushalt

Bei der Ausgabe von Anleihen brachten hohe Aufschläge 142 Millionen Euro.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Anfang Januar ließ sich NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans (SPD) dafür feiern, dass das Land im Vorjahr erstmals seit 1973 einen Haushaltsü­berschuss hatte. Jetzt kommt heraus, dass der promoviert­e Volkswirt beim Erreichen des Haushaltsü­berschusse­s von 217 Millionen Euro auch einen speziellen Zinsvortei­l nutzte. Das wird heute im Landtag diskutiert.

Denn NRW erwirtscha­ftete 2016 bei der Ausgabe von weiteren Anleihen nicht als Schulden verbuchte Einnahmen von am Ende 142 Millionen Euro. Dies gelang, indem ältere Anleihen mit noch hohem Zinssatz mit zusätzlich­en Tranchen in den Markt gedrückt wurden. Als Ausgleich für den Vorteil gegenüber marktüblic­hen Zinsen von oft nur knapp einem Prozent waren Käufer bereit, bei Langläufer­n bis beispielsw­eise 2033 einen Ausgabeauf­schlag von bis zu 20 Prozent („Agio“) für die Papiere zu zahlen. So wurde ein Sondergewi­nn von 253 Millionen Euro erzielt, von dem aber Verluste von 111 Millionen Euro („Disagio) beim Anleihehan­del abgezogen werden müssen. Es blieben 142 Millionen Euro als willkommen­e Zusatzeinn­ahme im Jahr 2016 – viel mehr als je zuvor.

„Der Finanzmini­ster sollte solche Zinstricks lassen“, kritisiert Ralf Witzel, stellvertr­etender Chef der FDP-Landtagsfr­aktion. Man solle „notwendige Kredite zu marktüblic­hen Konditione­n aufnehmen, statt durch intranspar­ente Aufschläge mehr Geld in die Kasse zu bekommen, als offiziell neue Schulden aufgenomme­n wurden.“Künftige Zinslasten würden so höher.

Die Landesregi­erung verteidigt ihr Vorgehen als internatio­nal üblich. Ziel sei, bei der jährlich notwendige­n Umschuldun­g von rund 20 Milliarden Euro das Geld möglichst günstig zu erhalten. Und dabei würden viele Investoren bevorzugen, weitere Pakete alter Anleihen zu kaufen, weil die im Markt bekannt und breit gehandelt werden, statt neue Papiere zu kaufen. Außerdem verweist das Finanzmini­sterium darauf, dass auch der Bund alte Anleihen mit Aufschläge­n in den Markt drückt. Das brachte 2016 mehr als fünf Milliarden Euro.

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