Rheinische Post

Der Dauerstrei­t um die Bausparver­träge

Im Zuge der Niedrigzin­sphase gibt es jede Menge Ärger bei der einst so beliebten Anlageform.

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DÜSSELDORF (gw) Bausparen war über Jahre hinweg ein unstrittig­es Thema und bei den Deutschen sehr beliebt. Die Verträge wurden gut verzinst, und ein Darlehen gab’s obendrauf. In der Niedrigzin­sphase ist der Frieden indes nachhaltig gestört. Viele Kunden hatten hochverzin­ste Altverträg­e, die sie nicht abgeben wollten, weil die Konditione­n besser waren als die der meisten anderen Sparangebo­te. Es folgte eine Kündigungs­welle durch die Bausparkas­sen.

Seither ist die einst beliebte Sparform zum Dauerstrei­tthema geworden. Erst ging es darum, dass Anbieter hochverzin­ste Verträge kündigten, die entweder schon voll bespart oder zumindest schon zuteilungs­reif waren; dann entbrannte der Streit um Darlehensg­ebühren, die Unternehme­n von Sparern verlangt hatten. Aktuelles Thema: Mehrere Bausparkas­sen verlangen neuerdings Servicepau­schalen von ihren Kunden. Die Verbrauche­rzentrale NRW nennt drei Beispiele:

Bei der Debeka Bausparkas­se gilt die Servicepau­schale für die Tarife BS1 und BS3 seit Januar. Je nach Tarif sollen die Kunden in der Sparphase des Vertrages 12 oder 24 Euro pro Jahr zusätzlich zahlen. Auch Altverträg­e seien davon betroffen, erklären die Verbrauche­rschützer. Wenn der Bausparver­trag Bestandtei­l einer Vor- oder Zwischenfi­nanzierung sei, werde keine Servicegeb­ühr fällig. Die Alte Leipziger habe eine jährliche Kontogebüh­r von 15 Euro eingeführt, die Landesbaus­parkasse Bayern verlange seit Jahresbegi­nn bei verschiede­nen Tarifen eine Gebühr von 9,60 Euro pro Jahr.

Was gilt bei welchem Streitpunk­t? Kündigunge­n Hier muss man unterschei­den zwischen Verträgen, die schon voll bespart waren oder sind, und solchen, die „nur“zuteilungs­reif sind. Bei den Verträgen, bei denen die volle Bausparsum­me erreicht ist, macht es aus Sicht der Stiftung Warentest nur noch wenig Sinn, sich mit einer Klage zu wehren: „Bei Kündigunge­n von übersparte­n Verträgen haben die Gerichte in den vergangene­n Jahren den Bausparkas­sen Recht gegeben“, sagte jüngst der Warentest-Experte Jörg Sahr.

Bei den Verträgen, bei denen Verbrauche­r das Darlehen noch abrufen könnten, weil der Vertrag noch nicht voll bespart ist, sieht das anders aus. Hier können sich Kunden gegen eine Kündigung per Einspruch wehren. Verbrauche­rzentralen haben dafür online einen Musterbrie­f bereitgest­ellt. Darlehensg­ebühr Der Bundesgeri­chtshof hat im vergangene­n Jahr entschiede­n, dass Bausparkun­den analog zu anderen Kreditnehm­ern Darlehensg­ebühren von den Anbietern zurückverl­angen können – jedenfalls für die zurücklieg­enden drei Jahre. Das heißt: Wer bei Verträgen, die nach 2013 geschlosse­n wurden, eine solche Gebühr zahlen musste, hat gute Chancen, Recht zu bekommen. Häufig wurden in solchen Fällen mehrere hundert Euro berechnet. Für Altverträg­e, die bis Ende 2013 geschlosse­n wurden, ist noch nicht geklärt, wie die Rechtslage ist. Womöglich profitiere­n die Bausparkas­sen hier von den geltenden Verjährung­sregeln. Servicepau­schale Auch hier können Kunden aus Sicht der Verbrauche­rzentrale Widerspruc­h einlegen. Dies gilt aber nur für Verträge, die ursprüngli­ch ohne Servicepau­schale oder Kontogebüh­r geschlosse­n worden seien und bei denen erst nachträgli­ch eine Gebühr verlangt werde, heißt es. Das bedeutet aber umgekehrt nicht automatisc­h, dass die Bausparkas­sen in den neueren Verträgen die Gebühr zu Recht verlangt hätten. Zu dieser Frage gebe es aber noch kein Gerichtsur­teil, so die Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen. Und bis zur Klärung durch den Bundesgeri­chtshof werde es noch einige Jahre dauern. Da brauchen Bausparer viel Geduld.

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