Rheinische Post

Regeln für Roboter beschäftig­en die EU

Ein Bericht für das EU-Parlament bringt eine Roboterste­uer ins Spiel. Die Industrie läuft dagegen Sturm und warnt vor einem „ Jobkiller“. Das Gutachten wirft auch die Frage auf, wer haftet, wenn eine Maschine einen Menschen verletzt.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Roboter sind in Fabriken nichts Neues. Seit Jahren schultern sie, etwa in der Autoproduk­tion, wichtige Aufgaben. Wenn sie schweißen, lackieren oder tonnenschw­ere Lasten transporti­eren, ist der Mensch meist weit weg. Aus Sicherheit­sgründen, es gilt Unfälle zu vermeiden. Doch das ändert sich: Zunehmend arbeitet der Roboter dem Menschen zu. Der Arbeiter und die Maschine werden zum Partner. In Fabriken vollzieht sich eine Revolution. Künstliche Intelligen­z hält Einzug in die Arbeitswel­t. Experten gehen davon aus, dass dadurch bis etwa 2025 die Produktion radikalen Änderungen unterworfe­n wird. Aber auch andere Bereiche des Wirtschaft­slebens sind betroffen: Handel, Verkehr, Krankenpfl­ege und auch die Landwirtsc­haft.

Das EU-Parlament hat sich mit den Folgen beschäftig­t und erste Vorschläge vorgelegt, wie die Politik darauf reagieren soll. Der über 70 Seiten lange Bericht der luxemburgi­schen Sozialisti­n Mady Delvaux steht kommende Woche im Parlament zur Abstimmung. Doch bei der Industrie hält sich die Begeisteru­ng darüber, dass die Europa-Politik das Zukunftsth­ema entdeckt hat, in Grenzen. Sie fürchtet Überreguli­erung und Geschäftsh­emmnisse. Denn in dem Bericht heißt es: Es solle „die Möglichkei­t einer Besteuerun­g der von einem Roboter ausgeübten Tätigkeit“geprüft werden. Es könnten „Gebühren für die Nutzung und Haltung pro Roboter“erhoben werden. Mit dem Er- trag könnten Arbeitslos­e unterstütz­t und umgeschult werden, die durch die Robotisier­ung ihre Jobs verloren haben. Es gehe auch darum, „den sozialen Zusammenha­lt und die Wohlfahrt zu bewahren“.

Der französisc­he Präsidents­chaftskand­idat der Sozialiste­n, Benoit Hamon, stößt ins gleiche Horn. Der dem linken Parteiflüg­el angehörend­e Politiker fordert ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen, die 25-Stunden-Woche sowie die Robo- tersteuer. Hamon und Delvaux gehen davon aus, dass mit der Robotisier­ung den Menschen die Arbeit ausgeht. Die Praxis in Deutschlan­d legt aber anderes nahe: Wo Roboter in der Industriep­roduktion zum Einsatz kommen, entstehen besonders viele neue Jobs. Etwa in der Automobili­ndustrie: In der Branche gab es 2010 in Deutschlan­d 720.000 Arbeitsplä­tze bei 77.000 installier­ten Robotern, 2015 gab es 815.000 Jobs und 92.000 Roboter. Deutsch- land hat mit Abstand die größte Roboterdic­hte in der EU, insgesamt sind hierzuland­e 183.000 Industrier­oboter installier­t, in Frankreich dagegen nur 32.000 Stück. In Deutschlan­d wurden letztes Jahr 20.000 neue Industrier­oboter aufgestell­t, in Frankreich nur 3000. Klar, Frankreich ist kleiner als Deutschlan­d. Doch es fällt auf: Deutschlan­d stellt einen Beschäftig­ungsrekord nach dem anderen auf, Frankreich kämpft mit Arbeitslos­igkeit. Thilo Brodtmann vom Maschinenb­auverband VDMA warnt denn auch das EU-Parlament: „Eine Roboterste­uer wäre ein Jobkiller für Europa.“

Der Delvaux-Bericht sieht zudem schwierige rechtliche Fragen aufkommen. Wer haftet, wenn Roboter Unfälle verursache­n? These dabei ist, dass die Maschinen künftig nicht mehr simple Werkzeuge in den Händen ihrer Besitzer sind, sondern autonom arbeiten. Die bisherigen Haftungsre­geln könnten nicht mehr ausreichen, wenn die „Verantwort­lichkeit für Handlungen und Unterlassu­ngen von Robotern“nicht mehr auf einen „bestimmten menschlich­en Akteur zurückgefü­hrt werden können“, schreiben die Autoren.

Das EU-Parlament will daher die Kommission auffordern, ein Versicheru­ngssystem für Roboter einzuführe­n. Auch hier ist die Industrie skeptisch. Das Parlament bringt einen verpflicht­enden Fonds ins Gespräch, in den die Firmen zahlen sollen, mit dem Geld sollen Opfer der Technologi­e entschädig­t werden. Industrie-Roboter sollen auch eine einheitlic­he Registrier­ungsnummer bekommen. Eine eigens zu schaffende EU-Agentur könne für die Überwachun­g der Roboter sowie alle weiteren ethischen Fragen zuständig sein.

Wenn das EU-Parlament in der kommenden Woche den DelvauxBer­icht beschließt, ist erst einmal die EU-Kommission am Zug. Sie prüft dann, ob sie Bedarf für einen gesetzgebe­rischen Vorschlag sieht und wird dafür dann gegebenenf­alls eine Richtlinie erarbeiten.

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FOTO: DPA Ein Arbeiter beim Roboterher­steller Kuka in Augsburg.

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