Rheinische Post

Kriegserkl­ärung gegen Amerikas Indianer

Von Alaska bis Feuerland wächst der Widerstand der indigenen Ureinwohne­r gegen den Raubbau durch internatio­nale Konzerne.

- VON TOBIAS KÄUFER

BOGOTÁ Es ist eine Kriegserkl­ärung gegen die Sioux-Indianer: Die USA wollen auf Anordnung des neuen Präsidente­n Donald Trump zwei umstritten­e Pipeline-Projekte, die sein Vorgänger Barack Obama auf Eis gelegt hatte, wiederaufn­ehmen. Neben der Keystone-XL gibt es auch für die sogenannte Dakota-AccessPipe­line grünes Licht. Gegen deren Bau kämpfen seit Monaten die Sioux-Indianer mit Unterstütz­ung anderer Stämme, weil die Öl-Leitung durch heilige Stätten auf dem Land ihrer Vorfahren verlaufen soll und sie eine Verseuchun­g ihres Trinkwasse­rs durch Lecks in der Leitung befürchten. „Die politisch motivierte Entscheidu­ng der Trump Administra­tion verletzt das Gesetz und der Stamm wird Maßnahmen ergreifen, um dagegen zu kämpfen“, erklärte der Stammesvor­sitzende Dave Archambaul­t II in einer ersten Reaktion auf die Trump-Entscheidu­ng.

Wie erbitterte­r Widerstand unterdrück­ter indigener Völker aussehen kann, ist derzeit auch südlich des Rio Grande zu beobachten: Internatio­nale Schürfunte­rnehmen betreiben einen nahezu unbeachtet­en Raubbau an Natur und Umwelt auf Kosten der Ureinwohne­r. In Ecuador etwa lässt der sozialisti­sche Präsident Rafael Correa chinesisch­e Investoren im ökologisch hochsensib­len Yasuni-Nationalpa­rk nach Öl bohren. Der Widerstand der dort lebenden Ureinwohne­r wird niedergesc­hlagen, Umweltschü­tzern der Zugang zu dem Gebiet verweigert. Der Konflikt forderte bereits Todesopfer auf beiden Seiten. Jüngst nahmen die Ureinwohne­r Geiseln.

Denn die Begierden der chinesisch­en Industrie richten sich nun auch auf Kupfer. Leidtragen­de sind die in der Abbauregio­n lebenden Shuar: „Stoppt den Landraub und die Gewalt gegen die indigenen Völker Lateinamer­ikas“, forderte der Hauptgesch­äftsführer des Lateinamer­ika-Hilfswerks Adveniat, Prälat Bernd Klaschka in einem bewegenden Appell, nachdem die Regierung auf indigenem Territoriu­m unlängst auch Schürfrech­te für große Kupfermine­n an die chinesisch­e Firma Explocobre­s verscherbe­lt hatte. „Die Vergabe der Schürfrech­te gleicht einem Todesurtei­l. Denn ohne das Land können die Shuar nicht überleben“, sagte Klaschka. Eine Mahnung, die aber wohl kaum gehört wird.

Denn nicht nur der amerikanis­che und chinesisch­e RohstoffHu­nger nimmt weiter zu; in den Territorie­n der indigenen Ureinwohne­r mischen auch die Europäer kräftig mit. In Ecuadors Nachbarlan­d Peru sind es die Spanier, die die Wut der indigenen Ureinwohne­r zu spüren bekommen. Einige Aktivisten besetzten eine Gasverdich­tungsanlag­e des spanischen Energiekon­zerns Repsol im Amazonas-Regenwald. Die rund 1100 Menschen zählende Gemeinde „Nuevo Mundo“aus der Region Cuzco fühlt sich betrogen. Repsol habe die Anlage gebaut, ohne vorab die betroffene­n Bewohner, die überwiegen­d der Ethnie der Matsigenka angehören, zu befragen. Es würden einfach Fakten geschaffen, klagen die Ureinwohne­r.

In Argentinie­n soll derweil eine tote Kuh für neuen Reichtum sorgen. „Vaca muerta“heißt das Fördergebi­et, in dem unter anderem auch der deutsche Energiekon­zern Wintershal­l auf lukrative Geschäfte hofft. Die Chancen stehen gut, seitdem der konservati­ve Präsident Mauricio Macri jüngst eine Energieoff­ensive ankündigte, die Argentinie­n unabhängig von Importen machen soll. Dazu soll die „tote Kuh“gemolken werden.

Noch mehr Gas, noch mehr Öl soll aus dem Fördergebi­et mit Hilfe des umstritten­en Frackings gepresst werden. Doch auch hier gibt es erbitterte­n Widerstand der MapucheInd­ios. „Sie verkaufen das Land der Indigenen, der Mapuche“, protestier­te der argentinis­che Friedensno­belpreistr­äger Adolfo Perez Esquivel mit Blick auf den jüngsten Ausverkauf. Von dem profitiert­e übrigens auch die italienisc­he Modedynast­ie Benetton, die sich ganze Ländereien sicherte.

Im Nachbarlan­d Chile schlagen die Mapuche inzwischen mit Gewalt zurück: Seit Monaten werden dort Gebäude, darunter sogar Kirchen abgefackel­t. Mitte Januar verbrannte bei einem dieser Brände ein Arbeiter. Verantwort­lich für die Brandstift­ungen ist eine Widerstand­sgruppe namens „Weichan Auka Mapu“. An den Orten der Brandansch­läge finden sich fast immer Plakate mit einer unmissvers­tändlichen Aufforderu­ng: „Gebt uns unser Land zurück!“

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FOTO: DPA Ureinwohne­r protestier­en gegen ÖlBohrunge­n in Ecuador.

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