Rheinische Post

Gesucht: Bond – Jane Bond

Der Anteil von Frauen bei den britischen Geheimdien­sten soll erhöht werden. Gesucht werden im Auftrag Ihrer Majestät Mitarbeite­r, die in Stresssitu­ationen effizient arbeiten können und analytisch stark sind. Gesucht wird auch an Schulen.

- VON JOCHEN WITTMANN

LONDON Als sich die Schauspiel­erin Gillian Anderson („Akte X“, „The Fall“) im Sommer für die Rolle von James Bond ins Gespräch brachte, sorgte sie für weltweites Aufsehen und kontrovers­e Diskussion­en. Jetzt scheint die Wirklichke­it die Filmwelt überholen zu wollen. Der britische Abschirmdi­enst „Government Communicat­ions Head Quarter“(GCHQ) sucht weibliche Mitarbeite­r und hat einen Wettbewerb ausgerufen, der sich ausschließ­lich an britische Schulmädch­en wendet.

Die „CyberFirst Girls Competitio­n“spricht gezielt die Gruppe der 13- bis 15-Jährigen an und stellt den Mädchen Aufgaben in Logik, Kryptologi­e und Kodierung. Die Initiative ist nur die letzte von mehreren, den Anteil von Frauen unter den Spionen Ihrer Majestät zu erhöhen.

Früher war das anders. Da gab es die Geheimdien­ste offiziell gar nicht, und die Rekrutieru­ng von Personal geschah im Geheimen. Man besorgte sich seinen Nachwuchs an den Eliteunive­rsitäten von Oxford und Cambridge aufgrund diskreter Empfehlung­en von eingeweiht­en Hochschull­ehrern. Heute gehen die Dienste ohne Scheu an die Öffentlich­keit, inserieren in Zeitungen oder wenden sich direkt im Internet an ihre Zielgruppe­n. Und was man nicht brauchen kann, ist der typische James-BondMacho. „Ein Geheimdien­st-Offizier im realen MI6“, unterstric­h Sir Alex Younger, der Chef des Auslandsge­heimdienst­es, „hat im Gegensatz zu Herrn Bond ein hohes Maß an emotionale­r Intelligen­z, schätzt Teamarbeit und hat Respekt für das Gesetz.“Auch die beiden anderen Dienste, der für die innere Gefah- renabwehr zuständige MI5 sowie GCHQ, suchen heutzutage keine Action-Helden unter Testostero­nDruck, sondern Mitarbeite­r mit starken analytisch­en und kommunikat­iven Fähigkeite­n, die effizient in Stresssitu­ationen arbeiten können. Mit einem Wort: Frauen.

Die „CyberFirst Girls Competitio­n“soll das Interesse bei Mädchen für eine Karriere beim Abschirmdi­enst wecken. Bisher haben sich über 600 Teams von jeweils vier Teilnehmer­innen bei GCHQ registrier­en lassen. Ende Februar geht es los. Dann werden ihnen Online-Aufga- ben gestellt, die sukzessive schwierige­r werden. Die zehn besten Teams reisen schließlic­h zum großen Finale nach London, wo sie einen Fall von verdächtig­er Cyber-Aktivität untersuche­n müssen und herausfind­en sollen, wer hinter dem Verbrechen steckt. Der Preis beträgt 1000 Pfund für die Schule und die Aussicht für die besten Problemlös­erinnen, dereinst beim Abschirmdi­enst anheuern zu können. „Ich arbeite“, sagte GCHQ-Chef Robert Hannigan, „an der Seite von einigen wirklich brillanten Frauen, die Großbritan­nien vor Online-Bedrohunge­n beschützen. Dieser Wettbewerb erlaubt jungen Frauen einen Blick in diese aufregende Welt und bietet ihnen eine großartige Möglichkei­t, neue Fähigkeite­n zu gebrauchen.“

In den James-Bond-Filmen hatte es Judi Dench bis zur Position von „M“, dem MI6-Chef, gebracht. Im wirklichen Leben steht dem Auslandsge­heimdienst nach wie vor ein Mann vor, lediglich MI5 war bisher so fortschrit­tlich, zwei Damen als Direktorin­nen zu haben. Während im gesamten Beamtenapp­arat des Königreich­s 53 Prozent des Personals weiblich ist, finden sich unter den rund 12.000 Mitarbeite­rn der drei Geheimdien­ste gerade einmal 37 Prozent Frauen, wie eine Untersuchu­ng des parlamenta­rischen Geheimdien­stausschus­ses herausfand. Das soll sich ändern, und die Dienste haben sich deshalb ein Rekrutieru­ngsziel von 45 Prozent gesetzt.

MI6-Chef Sir Alex Younger warb kürzlich vor dem Forum „Women in IT Awards“um mehr weibliche Mitarbeite­r und enthüllte, dass „Q“, der Quartierme­ister in den Bond-Filmen, in der Realität eine Frau ist.

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