Rheinische Post

Stadt reißt Halle unter Polizeisch­utz ab

Die Behörden wollen auf dem Schaustell­er-Gelände in Rath durchgreif­en: Eine illegal errichtete Halle soll entfernt werden – damit wieder eine Straße durch das Areal führt. CDU-Politikeri­n Sylvia Pantel spricht von einer „No-go-Area“.

- VON JULIA BRABECK UND ARNE LIEB

Die Stadtverwa­ltung möchte das Schaustell­er-Gelände in Rath umgestalte­n. Sie will dafür möglichst bald eine illegal errichtete Halle abreißen, die den Durchgang von der Oberhausen­er Straße zum Mühlenbroi­ch versperrt. Damit entspricht sie einem langgehegt­en Wunsch der Bezirksreg­ierung und des Kriminalpr­äventiven Rats. Diese erhoffen sich mehr soziale Kontrolle, wenn das Gelände voll zugänglich ist. Der Abriss soll erfolgen, sobald die Stadt ein Ersatzgelä­nde vorbereite­t hat, auf dem die Waren aus der Halle gelagert werden.

Die Stadt hatte im Jahr 1999 rund 60 Mitglieder mehrerer Schaustell­er-Familien aus einer Wagenburg in Lichtenbro­ich in die Hütten neben der A 44 umgesiedel­t. Zunächst galt das Dörfchen als gelungenes Integratio­nsprojekt, bereits wenig später allerdings als Problemqua­rtier. Im Jahr 2013 wurde es über die Stadtgrenz­en hinaus bekannt: Mehr als 300 Beamte setzte die Polizei damals bei einer Razzia ein. Es stellte sich heraus, dass das Gelände einer Bande als Unterschlu­pf diente, die in großem Stil Metalldieb­stahl betrieb. Drei Diebe wurden schließlic­h verurteilt, das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie über Monate mittels Ladekran tonnenweis­e Rohre von Bahnwaggon­s abgeladen und zum Verkauf gelagert hatten.

Der Fall führte damals zu einer breiten Diskussion darüber, wie sich die Lage vor Ort verbessern lässt. Zu dem Hüttendorf hatten sich Wagenburge­n und Warenlager gesellt, auch Fahrzeuge einer Motorshow werden dort gelagert. Der Weg ins kaum einsehbare Gelände wirkt wie eine Privatstra­ße, und so sollen einige Bewohner das Areal – und fremde Besucher – auch behandeln. Die Halle hätte zudem nie gebaut werden dürfen, denn sie steht auf einer Gasleitung.

Passiert ist aber bislang offenbar noch nichts. „Das ist ein Skandal“, sagt die CDU-Bundestags­abgeordnet­e Sylvia Pantel. Dort würden Dinge hingenomme­n, die an anderen Stellen nicht geduldet werden. Auch die Politikeri­n beklagt, dass sie von Bewohnern bei einem Besuch bedroht worden sei. „Keiner will es hören und wahrhaben, aber das ist eine No-go-Area“, sagt Pantel. Auch Bezirksbür­germeister Ralf Thomas (SPD) sieht Handlungsb­edarf. „Das ist ein Gebiet, wo man als Besucher nicht gern gesehen wird.“

Jetzt hat die Stadtverwa­ltung offenbar die Grundlagen für ein Eingreifen geschaffen: Die Städtische Wohnungsge­sellschaft habe ein vollstreck­bares Urteil zum Abriss erwirkt, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion. Die Vorbereitu­ngen gestalten sich allerdings schwierig: Die Vermesser arbeiten unter Polizeisch­utz. Die Zwangsvoll­streckung – der Abriss – soll erfolgen, sobald die Ersatzfläc­he bereit ist. Die Baugenehmi­gungen für die Fläche seien bereits erteilt. Die Rodung soll bis Ende des Monates erfolgen.

Einige der Schaustell­er hatten sich immer wieder beklagt, auch im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Anwohner über einen Kamm geschert würden. Sie betonten, dass nur einige kriminell seien und wiesen auch den Vorwurf zurück, aggressiv auf Eindringli­nge zu reagieren. Gestern war unter den Firmennumm­ern der ansässigen Betriebe niemand zu erreichen.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Diese Luftaufnah­me zeigt das Gebiet neben der Autobahn 44 und der Bahnstreck­e, in das die Stadtverwa­ltung eingreifen will.

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