Rheinische Post

Senioren fühlen sich ausgegrenz­t

Seit dem 1. Januar 2017 hat die Rheinbahn neue Ticket-Angebote im Sortiment. Zwei der drei Fahrkarten sind aber nur im Internet oder über eine App erhältlich. Karin Perske würde die Karte gerne nutzen, aber sie besitzt kein Smartphone.

- VON NICOLE KAMPE

Karin Perske geht abends gerne aus. Ins Theater oder auf einen Drink in die Innenstadt, manchmal kombiniert sie ein Abendessen mit einer Vorstellun­g. Von der Haltestell­e Schlesisch­e Straße hat die 71-Jährige eine gute Verbindung ins Zentrum, nur das Fahrkarten-Angebot der Rheinbahn gefällt ihr gar nicht. Gerne würde sie das neue HappyHour-Ticket nutzen, für 2,99 Euro. „Damit könnte ich den ganzen Abend durch die Stadt fahren und müsste nur einmal zahlen“, sagt Perske. Weil die Seniorin aber kein Smartphone besitzt und nicht so fit ist im Umgang mit dem Computer, ist das Happy-Hour-Ticket keine Option. Das bietet die Rheinbahn nämlich nur online oder über eine App an. „Ich fühle mich ausgegrenz­t“, sagt Perske. Und so würde es vielen Menschen gehen in ihrem Bekanntenk­reis.

Stattdesse­n kauft Karin Perske dann ein Vierer-Ticket der Preisstufe A für zehn Euro, fährt damit in die Stadt ins Restaurant, manchmal weiter nach Oberkassel, zum Beispiel ins Kellerthea­ter. „Ich lebe von der Rente und würde gerne den Preisvorte­il nutzen“, sagt die 71Jährige. Sehr mobil und aktiv seien viele Menschen heute auch im hohen Alter noch. Nur würden die mit solchen Angeboten benachteil­igt. Zwar fährt Karin Perske auch noch Auto, „aber parken Sie mal in der Innenstadt, da zahlt man ja wie verrückt“, sagt sie.

Auch Inken Kahnert ärgert sich über die neuen Tickets der Rhein- bahn, auch wenn sie eine Monatskart­e hat. „Es muss doch die Möglichkei­t geben, so eine Fahrkarte auch auf einem anderen Weg kaufen zu können“, sagt die 78-Jährige. „Sind wir älteren Rentner etwa Menschen zweiter Klasse?“, fragt Kahnert.

Heike Schuster von der Rheinbahn verweist auf den Verkehrsve­rbund Rhein-Ruhr (VRR). „Das Happy-Hour-Ticket ist ein VRR-weites Angebot, das für alle Städte gleich ist“, sagt sie. Die Rheinbahn könne nicht im Alleingang das Ticket der Kategorie am Automaten oder im Kiosk verkaufen. Im Gegenteil: Man habe sich sogar ganz bewusst für diesen Vertriebsw­eg entschiede­n, um speziell diese Nutzergrup­pe anzusprech­en.

„Im Marketing nennt man das Zielgruppe­n definieren“, sagt Schuster. Andere Fahrgäste, die noch keine 60 Jahre oder älter seien, würden sich über das Bärenticke­t beschweren, das speziell auf Senioren zugeschnit­ten ist. Zudem gebe es inzwischen sehr viele Senioren, die das Internet nutzen. „Vielmehr ist es diskrimini­erend zu sagen, Senioren können nicht mit Smartphone und Tablet umgehen“, findet Heike Schuster.

Das Happy-Hour-Ticket ist gedacht für Menschen, die sich ins Düsseldorf­er Nachtleben stürzen wollen, die hin- und herfahren zwischen Schauspiel­haus, Oper oder Altstadt. Die Karte gilt von 18 bis 6 Uhr und kostet in der Preisstufe A für beliebig viele Fahrten 2,99 Euro. „Nachts sind eher junge Leute unterwegs“, sagt die Rheinbahns­precherin.

Eine Pilotphase hat es mit dem Happy-HourTicket gegeben, in Wuppertal und Herne. „Da haben wir gute Erfahrunge­n gemacht“, sagt VRR-Sprecher Dino Niemann. Bisher seien noch keine Beschwerde­n aus den Verkehrsun­ternehmen beim Verbund gemeldet worden, „aber wir werden das natürlich weiter beobachten und auch verstärkt nachfragen“, sagt Niemann, der nachvollzi­ehen kann, dass Menschen, die keinen Online-Zugang haben, sich abgehängt fühlen. „Die Entwicklun­g allerdings geht immer mehr dahin, dass auch Ältere das internet nutzen“, sagt er.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Auf Plakaten wirbt die Rheinbahn für das neue Ticket, das Karin Perske auch gern nutzen würde. Sie besitzt aber kein Smartphone.

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