Rheinische Post

Stadt überprüft lange Betreuung

Mehr als drei Viertel aller Kita-Eltern haben den höchstmögl­ichen Stundensat­z gewählt. Das Jugendamt bezweifelt, dass dies dem Bedarf entspricht, und untersucht nun, welche Zeiten angemessen wären.

- VON CHRISTIAN HERRENDORF UND ARNE LIEB

Mehr als drei Viertel aller KitaEltern haben den höchstmögl­ichen Satz von 45 Stunden gewählt. Das Jugendamt um Leiter Johannes Horn (Foto) bezweifelt, dass dies dem Bedarf entspricht.

Die Betreuung in Kitas hat zwei Probleme, die einander bedingen: Buchen Eltern 35 Stunden für ihr Kind, müssen sie es um 14.30 Uhr abholen, weil die Kita um 7.30 Uhr öffnet und ab dann die täglichen sieben Stunden gerechnet werden. Buchen sie deshalb die 45-Stunden-Betreuung, erhöht sich der Personalbe­darf, da diese Zahl mehr als eine Erzieherin erfordert. Um dieses Dilemma zu lösen, hat Jugendamts­leiter Johannes Horn angekündig­t, man werde genau schauen, welchen Bedarf die Eltern wirklich haben: 45 Stunden, 35 Stunden flexibel oder 35 Stunden über Mittag.

Derzeit ist es laut Horn so, dass rund 83 Prozent der U3- und 75 Prozent der Ü3-Kinder die volle Betreuung von 45 Stunden gebucht haben. „Da stimmt was nicht“, sagt Horn. Denn viele Eltern würden auf Anfrage sagen, dass sie auch mit 35 Stunden zufrieden wären. Aber oft müssen sie die volle Zeit buchen, um einen Platz zu ergattern, der eine Betreuung über Mittag garantiert. Horn spricht von „Ressourcen­verschwend­ung“. Derzeit befragt das Jugendamt die Leitungen von Kitas, die Ergebnisse werden Ende Mai erwartet. Die Umsetzung erfolgt frühestens zum Kindergart­enjahr 2018/19. Man will herausfind­en, bei wem die „Kernzeit von 9 bis 14 Uhr ausreicht und wo zusätzlich­er Bedarf besteht“.

Laut Horn hat das Projekt nichts mit dem Sparprogra­mm „Verwaltung 2020“zu tun. Ein Personalab- bau sei nicht das Ziel, angesichts von 1000 neuen Plätzen pro Jahr wolle man aber erreichen, dass das Personal besser eingesetzt wird. Auch die Kinderzahl pro Gruppe werde nicht erhöht. „Die Eltern werden die Umstellung nicht merken.“

Die Gewerkscha­ft für den öffentlich­en Dienst Verdi kritisiert die Pläne in zweierlei Hinsicht. „Das Programm bedeutet zwingend eine Arbeitsver­dichtung. Es bleiben ja die- selben Kolleginne­n, die die beschriebe­ne Arbeit machen müssen“, sagt Britta Wortmann von Verdi. Zudem fürchtet die Gewerkscha­ft um die Qualität der Ausbildung. „Es ist jetzt schon möglich, die Arbeit von Auszubilde­nden oder Praktikant­en auf die Zeit von Fachkräfte­n anrechnen zu lassen. Das führt dazu, dass die Fachkräfte eher weniger Zeit für die Ausbildung haben.“Dies sei ein schlechtes Signal angesichts des Programms „Verwaltung 2020“, das mehr Wert auf Ausbildung und Fachkräfte legen soll.

Der Elternbeir­at für die Kitas in der Stadt begleitet die Entwicklun­g mit gemischten Gefühlen. Es sei sinnvoll, den Bedarf zu ermitteln, dieser Bedarf müsse dann aber auch erfüllt werden, sagt Marcel Preukschat, Sprecher des Beirats. „Bei vielen Eltern besteht die Sorge, dass es schwierig wird, einen 45-Stunden- Platz zu bekommen, wenn man einen haben möchte.“

Die Kritik, dass an den Kräften für die Küche und Reinigung gespart wird, habe mit diesem Projekt nichts zu tun. Die Verpflegun­g werde von den Eltern in einer Selbstkost­enrechnung bezahlt, die Reinigung erfolge über Sachkosten. Man sei bei letzterem Punkt in Gesprächen. „Wir diskutiere­n, welche Standards wir brauchen“, sagt Horn.

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FOTO: DPA In welchen Zeiten spielen viele Kinder in der Kita, wann nur wenige wie auf diesem Foto aus einer Düsseldorf­er Einrichtun­g – das will die Stadt nun erheben.

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