Rheinische Post

Spaziergan­g durch die „No-Go-Area“

Das Schaustell­er-Gelände in Rath gilt als Gebiet, das man als Fremder besser nicht einfach betreten sollte. Ein unangekünd­igter Besuch.

- VON NICOLE LANGE

Das Areal in Rath gilt als Gebiet, das man als Fremder besser nicht einfach betreten sollte. Wir haben es besucht.

Von bedrohlich­er Stimmung ist die Rede, von Kriminalit­ät und bissigen Hunden. Eine „No-Go-Area“sei das umstritten­e Schaustell­er-Gelände in Rath, heißt es, ein Gebiet, das man besser nicht einfach so betritt. In der Tat: Als erstes begrüßt die unangemeld­ete Besucherin ein Hund, der mit großen Sprüngen auf sie zuläuft. Dann stellt der kleine Mischling sich auf die Hinterbein­e, drückt seine Pfoten an das Knie der Besucherin und gibt keine Ruhe, bis er gestreiche­lt wird.

Die Stadt will das Gelände an der Oberhausen­er Straße jetzt umgestalte­n und eine aus ihrer Sicht ungenehmig­te Halle abreißen, um einen Durchgang zu schaffen. Sie erhofft sich so mehr soziale Kontrolle: Einige Bewohner sollen das Areal wie eine Privatstra­ße behandeln und entspreche­nd mit Besuchern umgehen. Entspreche­nd schwierig waren die Vorbereitu­ngen für den Hallen-Abriss, die Vermesser mussten unter Polizeisch­utz arbeiten.

Ungesehen kommt wohl tatsächlic­h keiner auf das dicht bebaute und vollgestel­lte Gelände, das an einigen Stellen fast bürgerlich wirkt mit seinen Gartentore­n, in dem sich zwischen den Holzhäuser­n aber auch Auto-Wracks und Blech türmen. Wer von der Theodorstr­aße auf die industriel­l geprägte Nebenstraß­e und dort aufs Schaustell­erGelände abbiegt, wird sofort in den Blick genommen. Momente nach dem Hund kommt ein Anwohner in Arbeitskle­idung aus seinem Haus, schaut lange hin, grüßt, geht weiter.

Behelligt wird die Besucherin nicht, ansprechen muss sie den Be- trag haben wollen. „Da kommt einfach keiner raus“, sagt sie. „Die Stadtwerke haben das dann kulanterwe­ise erledigt, obwohl sie nicht zuständig waren.“Ein anderer Anwohner hatte Mühe, einen InternetAn­schluss zu bekommen. Verstehen könne sie das nicht, sagt die Frau, „hier geht es oft ruhiger zu als in manch anderem Viertel.“

Trotzdem, sagen manche, trauen sich einige Kinder von hier kaum noch zur Schule: „Du wohnst doch in diesem Gebiet“, bekämen sie dann zu hören. Bei Firmen in der Umgebung müssten sie gar nicht erst nach Praktika fragen. Mancher Bewohner überlegt, Rath zu verlassen – obwohl man eigentlich das Recht habe, zu bleiben.

„Unser Pachtvertr­ag läuft noch bis 2025“, sagt Anwohner Paul Maus – und meint die zahlreiche­n Schaustell­er-Familien, die hier leben, man kennt sich, teils oberflächl­ich, teils gut. Die umstritten­e Halle (die Anwohner sagen, sie hätten hier freies Gestaltung­srecht) stehe bereits seit 18 Jahren an dieser Stelle, erzählt ein Anwohner, der nach eigenem Bekunden Betreiber einer Monstertru­ck-Show ist und damit im Sommer durch Deutschlan­d tourt. „Und wir haben hier nichts geschenkt bekommen, wir haben alles bezahlt.“Dass an der Halle eine Gasleitung laufe, sei längst bekannt, regelmäßig komme jemand und prüfe deren Dichtigkei­t. Warum die Halle plötzlich stört, versteht er nicht. Er denke mit seinen Nachbarn darüber nach, sich einen Anwalt zu nehmen.

Am Ende des Spaziergan­gs trifft die Besucherin noch einen Anwohner. Der sagt nur „Mahlzeit“und geht weiter.

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RP-FOTOS: NICOLE LANGE Die „Monster Garage“sorgt für Ärger mit der Stadt. Die will das Gebäude abreißen lassen.
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„Home sweet home“: Paul Maus (75) lebt auf dem Areal.

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