Rheinische Post

Wracks als stumme Mahnung

Die Installati­on „Monument“sorgt vor Dresdens Frauenkirc­he für Debatten.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DRESDEN Das Wort „Bus“kommt von „omnibus“aus dem Lateinisch­en: „allen“oder „für alle“. Dativ Plural. Jeder darf mitfahren, der Bus schließt niemanden aus. Er bietet viele Plätze, das verbindet ihn mit Kirchen. Es gibt Filme, die in einem Bus beginnen („Bitter Moon“) oder enden („Reifeprüfu­ng“). Kein Land ohne Busse. Busse sind die Welt.

Der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni hat jetzt daran erinnert, dass Busse, die doch fahren sollen, auch wie wehrhafte Giganten zur Verteidigu­ng taugen. Halbouni hatte sein „Monument“im Vorfeld des Gedenkens an die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am 13. Februar vor der Frauenkirc­he errichten lassen: Es zeigt drei steil aufgericht­ete Busse, die an ein Foto aus Aleppo erinnern. Dort sollen Busse zum Schutz vor zerstöreri­schen Bomben aufgestell­t worden sein.

Im Streit um diese Installati­on hat sich gestern die Generaldir­ektorin der Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden, Marion Ackermann, hinter den Künstler gestellt. Er habe vor der früher kriegszers­törten Frauenkirc­he „ein beeindruck­endes Denk- mal der Erinnerung an den Krieg“geschaffen. Etwa 60 Gegner, darunter Anhänger der fremdenfei­ndlichen „Pegida“-Bewegung, hatten während der Eröffnung laut gegen das Kunstwerk protestier­t; mindestens ebenso viele Sympathisa­nten des Denkmals hielten dagegen.

Ackermann verwies darauf, dass Halbounis Kunstwerk in der Tradition der sogenannte­n Nouveaux Realistes in den 1960er Jahren stehe, die Alltagsobj­ekte in die Kunstwelt überführte­n. Aber im Vergleich zu den filigranen Objekten etwa eines Jean Tinguely sind die Busse von Manaf Halbouni unübersehb­ar. Und sie haben sozusagen einen fernen Krieg auf sich geladen und nach Dresden transporti­ert. Zwar stammen die Busse aus Sachsen, aber für die Botschaft von Kunst spielt das keine Rolle. Laut Tacho hätten die Dresdner Busse 100 Mal nach Aleppo und zurück gefahren sein können. Ein Bus ruht nie. Und wenn er still steht oder ein Wrack ist, kann er immer noch mahnen.

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