Rheinische Post

Ein Büffet wie ein Kunstwerk

Das Hotel Auszeit in Bilk bietet seinen Gästen und auch Nicht-Übernachte­rn eine Auswahl, die auf große Leidenscha­ft beim Einkäufer schließen lässt.

- VON CHRISTIAN HERRENDORF

Das Hotel Auszeit könnte Führungen an seinem Frühstücks­buffet entlang anbieten – wir würden dafür sogar Eintritt bezahlen, wenn wir nichts essen dürften. Allein das Regal mit den Marmeladen und Schokoaufs­trichen gleicht einem Kunstwerk, in jeder Ecke, bei jedem Gang ans Buffet, entdecken wir eine neue nette Idee.

Das Auszeit ist ein normales VierSterne-Hotel, das am Lastring liegt und damit aber auch nur wenige Gehminuten von den Eingängen des Volksgarte­ns entfernt ist. Düsseldorf­er kommen damit vor allem dann in Berührung, wenn Besuch dort übernachte­t, oder eben, wenn ihnen jemand vom erwähnten Buffet erzählt hat.

Dass in dem Hotel viele Dinge mit Augenzwink­ern und Freude statt Pflicht gemacht werden, merken die Gäste schon auf dem Weg zu ihrem Platz. Am Empfang hängen mehrere Uhren, darunter steht aber nicht wie andernorts New York, Peking und Berlin, sondern Theke, Köln und Karneval. Die Theken-Uhr zeigt die aktuelle Zeit, die Karnevals-Uhr steht immer auf 11.11 Uhr, die Kölner Uhr auf fünf vor zwölf. Und so geht es weiter: Im Speiseraum hängt ein großer Spiegel, der mit weit über hundert verschiede­nen QuietscheE­ntchen verziert ist. Die anderen Gäste sind überwiegen­d Menschen, die ein Wochenende in Düsseldorf verbringen, also an sich schon mal nette Zeitgenoss­en sind und sich entspreche­nd entspannt mit ihren Partnern und/oder Kindern für den zweiten Teil der Entdeckung­s-Tour stärken.

Wir haben beim ersten Gang ans Buffet unser Ziel noch gar nicht richtig erreicht, als wir endgültig merken, dass uns nicht die herkömmlic­he Ansammlung an Frühstücks-Optionen erwarten wird. Im ersten Regal steht eine Mascarpone-Torte, die offensicht­lich hausgemach­t ist, weil sie zwar auch schön, aber vor allem sehr reich mit leckeren Zutaten gefüllt und verziert ist. Diese Torte ist letztlich ein schönes Bild dafür, wie an diesem Ort Gastfreund­schaft verstanden wird. Gastfreund­schaft bedeutet, Wünsche und Bedürfniss­e möglichst aller Gäste erahnen und erfüllen. Das ist schon Zuhause schwierig, in einem Hotel angesichts der sehr verschiede­nen Gäste eigentlich unmöglich, gelingt hier aber vorbildlic­h.

Wir zum Beispiel halten Müsli als Teil der morgendlic­hen Ernährung für deutlich überbewert­et, im Auszeit aber könnten wir zum Cerealien-Fan werden. In der Mitte des Raums stehen mehr als 100 Gefäße mit möglichen Zutaten fürs Müsli, von getrocknet­em Obst über diverse Flocken bis hin zu – Gott sei Dank – ungesunden Verzierung­en.

Und man mag ja auch von Allergie-Trends halten, was man will, das Hotel geht charmant auf alle denkbaren Unverträgl­ichkeiten ein: jede Menge Grundlagen, die glutenfrei sind, jede Menge Pudding und Quark für Menschen mit LaktoseInt­oleranz.

Die absolute Krönung trotz Mascarpone-Torte, Waffeleise­n und bunter Pulver für eine der sechs Milchsorte­n: das süße Regal. Es beheimatet mehrere Dutzend Marmeladen, und als würden alle Geschmacks­richtungen von guten Firmen noch nicht reichen, gibt es weitere hausgemach­te Sorten, etwa Kil- lepitsch-Brombeer. Dazu kommen zig Varianten von Schokocrem­e (mit Minze, mit Himbeeren, mit Espressobo­hnen), selbst Streusel und Spekulatiu­screme sind mit je zwei Sorten vertreten, und oben auf liegen drei Pakete Schokoschn­itten.

Der anschließe­nde Spaziergan­g hat eine stattliche Länge, um wenigstens ein bisschen was fürs Gewissen tun zu können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany