Rheinische Post

Kann der das?

- VON ARNE LIEB

Eine Sache hört man immer, wenn man im Rathaus nach Christian Zaum fragt: Der Mann ist ein guter Diplomat. Auch beim politische­n Gegner schätzt man ihn als sachlichen Juristen, der auch dann noch für ein Gespräch offen ist, wenn die Wogen im Stadtrat hoch schlagen. Auch in den eigenen Reihen ist es ihm in den vergangene­n sieben Jahren gelungen, als fairer und kluger Strippenzi­eher akzeptiert zu werden – angesichts der inneren Spannungen in der Union nicht die leichteste Aufgabe. Er selbst gilt als moderner, liberaler Großstadt-CDUMann, genießt aber auch Vertrauen in den anderen Flügeln.

Jetzt wird sich zeigen, ob er für höhere Aufgaben berufen ist. Seine Fraktion schlägt ihn als Beigeordne­ten vor. Der 39-Jährige würde in die Stadtspitz­e aufrücken und wäre ausgerechn­et verantwort­lich für das Ressort Ordnung – das wegen der Terrorgefa­hr im Fokus steht. Die Debatten um die Veedelszüg­e haben gezeigt, welche Lücke der Weggang von Stephan Keller hinterlass­en hat. Es dauerte Tage, bis die Stadt ein klares Signal an die verunsiche­rten Karnevalis­ten sendete.

Schnell werden die nächsten Fälle folgen. Die Verwaltung muss gemeinsam mit der Polizei klären, wie sich die Sicherheit erhöhen lässt, ohne Veranstalt­ungen mit überhöhten Auflagen zu zerstören. Tour de France, Japan-Tag, Rheinkirme­s – kein leichter Job in einer Feierhochb­urg. Es ist ein Chef mit klarer Linie und guter Kommunikat­ion gefragt. Außerdem würde Zaum den Bereich Recht übernehmen, vermutlich dazu ein weiteres Ressort. Der Verkehr, den Keller auch betreute, bleibt hingegen wohl bei Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke.

Durch die Nominierun­g stehen Zaums Chancen gut. Erste Signale aus der Ampel-Kooperatio­n aus SPD, Grünen und FDP sind zumindest wohlwollen­d, dazu kommt, dass die größte Fraktion unterreprä­sentiert ist: Neben Keller ist mit Kämmerer Manfred Abrahams der zweite mächtige CDUMann gegangen. Hans-Ge- org Lohe hat zwar ein schwarzes Parteibuch, kümmert sich aber um die weniger im Fokus stehende Kultur. Anderersei­ts ist die freie Stelle auch ausgeschri­eben worden. Kurz: Die Chancen stehen gut, die Entscheidu­ng ist noch nicht gefallen. Zaum wird nun durch die Fraktionen ziehen – und muss die entscheide­nde Frage beantworte­n: Kann der das? Der gebürtige Wuppertale­r (verheirate­t, zwei Kinder) muss dabei die Befürchtun­g zerstreuen, dass er zu jung und unerfahren ist – darin liegt seine größte Schwäche. In der Tat kann er keinen Job in einer Stadtverwa­ltung aufweisen. Dafür kann Zaum mit Erfahrung in der Wirtschaft punkten: Nach dem Jura-Studium arbeitete er vier Jahre bei der Roland-Versicheru­ng und stieg zum Leiter Schadensma­nagement auf. Das Rathaus kennt er durch seine jetzige Stelle bis in den hintersten Winkel.

Darin liegt allerdings die zweite Sorge, die er ausräumen muss. Eine solche Nähe zu einer Fraktion ist in der Machtarchi­tektur der Kommune nicht ungefährli­ch. Die Dezernente­n gelten zwar als Stimme und Ohr ihrer Fraktion – auch daher die Aufteilung nach Parteibuch. Sie sind aber in erster Linie Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) untergeord­net. Zaum muss klarmachen, dass er weiß, wo seine Loyalität liegt. Härtefälle zeichnen sich ab: Die CDU bedrängt Geisel wegen angeblich zu hoher Anwaltshon­orare im Sparkassen­streit. Als Rechtsdeze­rnent wäre Zaum plötzlich dessen wichtigste­r städtische­r Berater in dieser Sache – und muss spätestens dann beweisen, dass er wirklich der gute Diplomat ist, als der er gilt.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Christian Zaum (CDU) könnte neuer Ordnungsde­zernent werden.

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