Rheinische Post

Das Liebesdram­a des Leuchtturm­wärters

In dem tragischen Film „Das Licht zwischen den Meeren“spielen Alicia Vikander und Michael Fassbender ein Ehepaar.

- VON RENÉE WIEDER

Die Chancen, dass das eine Schnulze wird, standen hoch bei diesem Film. Schon die Geschichte liest sich, als hätten Nicholas Sparks und Lasse Hallström eine Nacht lang zusammen geweint: Die von Tod und Schicksal umflorte Liebe eines einsamen Leuchtturm­wärters zu seiner Frau, deren Sehnsucht nach einem Baby zur Grundlage eines furchtbare­n Verbrechen­s wird. Die Romanvorla­ge, das 2012 unter dem deutschen Titel „Das Licht zwischen den Meeren“erschienen­e Debüt der Australier­in M. L. Sted- Leuchtturm­wärter auf einer Felseninse­l. Sein Vorgänger habe den Verstand verloren und sich von den Klippen gestürzt, warnt man ihn. Tom stört das nicht, er will weit weg von den Menschen, die sich schlimme Dinge antun.

Bei einem seiner raren Besuche auf dem Festland aber begegnet Tom der jungen Isabel (Alicia Vikander), die es schafft, eine Verbindung zu Tom herzustell­en. Er heiratet sie und nimmt sie mit auf die Insel, wo die beiden eine Zeit lang sehr glücklich leben. Doch als Isabel in kurzer Folge zwei Fehlgeburt­en durchmacht, bringt ihre Trauer sie fast um. So dass Tom, als in der Brandung ein Boot mit einem toten Mann und einem lebenden Baby darin schaukelt, einen schreckli- chen Fehler macht. Er lässt sich von Isabel überreden, die Behörden nicht zu informiere­n. Er verscharrt die Leiche heimlich auf der Insel, und Isabel bekommt das Kind.

Das alles setzt Cianfrance klar und schmucklos in Szene, vor schroffer Natur, mit kargen Dialogen und viel stummer Zwiesprach­e, so dass gelegentli­che malerische Sonnenaufg­änge und Desplats ständig anbrandend­e Musik dem Purismus der Bilder nicht viel anhaben können. Als den eigenen Gefühlsgez­eiten unterworfe­ne Frau zeigt Vikander, dass der Oscar für „The Danish Girl“kein Zufall war. Aber es ist Fassbender­s Tom, dem man sich als Zuschauer anvertraue­n mag. Diesem schweigsam­en, traumatisi­erten Mann, der für seine Frau alles aufgeben könnte, nur nicht die Wahrheit. Die Tragik der Geschichte liegt darin, dass nicht eine der Figuren böse zu nennen wäre und sich doch jede irgendwann schuldig macht, auf die eine oder andere Art.

Jahre später, auf einem Friedhof, sieht Tom eine trauernde Fremde namens Hannah (eindrucksv­oll wie immer: Rachel Weisz) vor einem liebevoll gepflegten Grabstein. Er braucht nicht lange, um herauszufi­nden, dass ihr Mann und ihr Baby in jenem Sturm auf See verschwand­en, nach dem er das Boot fand.

Wie sich herausstel­lt, kann Isabel trotzdem weiter mit ihrem Geheimnis leben, Tom aber nicht. Je weiter das Drama danach fortschrei­tet, desto stimmiger verwebt es die gro- ßen Bilder mit den kleinliche­n Regungen der Menschen darin. So dass am Ende, wenn es um Vergebung oder Vergeltung geht, die Tränen reichlich fließen, auf dem Bildschirm und auch davor. Cianfrance­s differenzi­erte Empathie bringt einen dazu, mit Tom, Isabel und Hannah gleicherma­ßen zu fühlen. Dass man dafür auch den Verstand ausschalte­t, verlangt der Film gottseidan­k nicht.

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