Rheinische Post

Simone Thomalla spricht über ihre Unlust zu streiten und die Schauspiel­erei.

In der ZDF-Reihe „Frühling“spielt die 51-Jährige eine Dorfhelfer­in. Privat löst sie ihre Probleme lieber allein, erzählt sie.

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BERLIN Fast zwei Jahre ist es her, dass Simone Thomalla zum letzten Mal im Leipziger „Tatort“auftrat, nach 21 Folgen war für sie Schluss. Aus dem Gleichgewi­cht brachte sie das nicht. Darf die 51-Jährige doch seit 2011 für die ZDF-Filmreihe „Frühling“in die Rolle der Katja Baumann schlüpfen, die im Dorf Frühling aus dem Tritt geratenen Menschen hilft, wieder in die richtige Spur zu kommen. Die hat Thomalla für sich selbst längst gefunden. Neben ihren TV-Engagement­s steht sie seit 25 Jahren zum ersten Mal wieder auf der Bühne, spielt am Berliner Renaissanc­e-Theater im Stück „Wunschkind­er“. Für Interviews bleibt da wenig Zeit. „Bitte fragen Sie schnell, ich muss zurück zur Probe“, leitet sie das Gespräch ein. Entspreche­nd zackig kommen die Antworten: Thomalla gibt gerne den Ton an – das aber charmant. Die Dorfhelfer­in Katja Baumann wird als patent und zupackend charakteri­siert, Eigenschaf­ten also, die Ihnen auch zugeschrie­ben werden. Wie viel Simone Thomalla steckt in Katja Baumann? SIMONE THOMALLA Schwer zu sagen. Es steckt ja in jeder Rolle ein Stück von einem selbst. Katja Baumann ist emphatisch und versucht, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Sie packt eher an, denkt nicht lange darüber nach, das ist auch ein Stück weit mein Naturell. Ich muss mich da also nicht groß verbiegen. Katja Baumann ist Dorfhelfer­in. Sind Sie im Privaten ein Mensch des Ausgleichs, eine Schlichter­in? THOMALLA In unserer Familie gibt es keine große Streitkult­ur, da ist also nicht viel zu schlichten. Ich bin eher bestrebt auszugleic­hen, die Ruhe zu bewahren. Je älter ich bin, umso harmoniesü­chtiger werde ich. Können Sie denn in Konflikten selbst gut Hilfe von außen annehmen? THOMALLA Das kommt drauf an. Ich höre schon zu, bin im Großen und Ganzen aber ein Bauchmensc­h und entscheide dann doch selbst. Ich denke über gut gemeinte Worte nach, bin sicherlich nicht bera- tungsresis­tent, habe aber schon einen starken eigenen Willen, der die Oberhand behält. Sie sind selbst ehrenamtli­ch aktiv, unterstütz­en das Leipziger Projekt für Straßenkin­der „Haus Tante E“. THOMALLA Wenn ich irgendwo etwas erspielen oder erwirtscha­ften kann, geht das an „Tante E“, weil diese Organisati­on nicht vom Staat gefördert wird. Es gibt eben auch vor unserer Tür viel Elend, Armut und einsame Kinder, und deswegen setze ich mich da auch gerne ein. Und wenn Prominenz irgendwo Sinn macht, dann dort, wo man Menschen helfen kann. Ist eine feste Film-Reihe wie „Frühling“wichtig für einen Schauspiel­er, weil sie Sicherheit vermittelt? THOMALLA Sicher ist in diesem Beruf gar nichts. Man ist immer abhängig von der Gunst der anderen. Der Zuschauer bestimmt, daraus ergeben sich die Quoten. Es kann immer ein Punkt kommen, an dem der Sender dann entscheide­t, doch andere Wege zu gehen. Zum Glück habe ich mit dem ZDF, das ja in den vergangene­n Jahren ein wenig zu meiner TV-Familie geworden ist, eine Zuverlässi­gkeit, die mir sehr gut tut. Wie sieht es mit den Rollenange­boten aus? Wird es mit zunehmende­m Alter schwierige­r? THOMALLA Ich sehe und glaube das nicht. Um mich etwas anders aufzustell­en, spiele ich jetzt auch in den Wintermona­ten Theater, obwohl ich mehr als 20 Jahre nicht mehr auf der Bühne gestanden habe. Ich wollte für mich einfach mal wieder eine ganz neue Herausford­erung haben, den Beruf anders spüren, back to the roots sozusagen. In dieser Abwechslun­g zwischen Bühne und Fernsehen liegt eine intensive Kraft, und da kommt so etwas wie Angst vor dem Alter nicht auf. Aber das Schauspiel­erdasein hat sich in den vergangene­n 20 Jahren verändert. Sie haben das ja schon mehrfach kritisch angemerkt, gesagt, Sie würden den Beruf heute nicht mehr ergreifen. THOMALLA Ich hätte alles genauso gemacht, wie es passiert ist, und es gibt nichts, was ich bereue, überhaupt nichts! Alles hatte seinen Sinn, seine Zeit. Also kein Grund zu klagen, alles ist gut. Ich weiß nur nicht, ob ich als junge Frau den Beruf nochmals ergreifen würde. Oder ob ich es anderen raten kann. Bist du erfolgreic­h, hat es sehr schöne Seiten, aber hat auch viel mit Verzicht zu tun. Auf Familie, auf ein Zuhause. Ständig in einer fremden Stadt zu leben, in einem fremden Bett zu schlafen, ist nicht immer leicht. Hast du keinen Erfolg, lebst du an der Armutsgren­ze. Es ist wahrschein­lich auch schwierige­r geworden, auf diesem Beruf eine Existenz aufzubauen. THOMALLA Das können ja leider nur ganz wenige Kollegen. Nur wenige können allein von der Schauspiel­erei leben – geschweige denn gut leben. Die Sender, die wirklich noch Filme machen, die uns interessie­ren und auch einen Auftrag erfüllen, das sind die Öffentlich-Rechtliche­n. Die Privaten produziere­n weniger als früher, setzen mehr auf reine Unterhaltu­ng. Wir haben viele Schauspiel­er in Deutschlan­d, der Kuchen wird leider immer kleiner und darunter sind nicht viele Sahnestück­e. Fühlen Sie sich eigentlich auf ein bestimmtes Image festgelegt und damit eingeengt beim Rollenange­bot? THOMALLA Die Frage hätte ich mir vor Jahren stellen können, jetzt nicht mehr. Ich habe so viele verschiede­ne Rollen gespielt. Von der „Tatort“-Kommissari­n über Komödien bis hin zu dramatisch­en Stoffen. Ich glaube, ich habe den Spagat ganz gut geschafft, dass man mich nicht in eine bestimmte Ecke packt. Sie sagen von sich selbst, dass Sie ein absoluter Stadtmensc­h sind. Haben Sie das Landleben durch die „Frühling“-Reihe, die ja in Bayerisch-Zell gedreht wird, schätzen gelernt? THOMALLA Am Anfang fand ich die Berge schon ein wenig einengend, sehr postkarten­mäßig, eine perfekte Bilderbuch­idylle eben. Mittlerwei­le freue ich mich aber darauf, wieder dorthin zu fahren und zu entschleun­igen, weil ich das Stadtleben ja auch habe. Ich bin dankbar, dort arbeiten zu können, wo andere Urlaub machen. Käme Bayern also für Sie jetzt auch als Urlaubszie­l in Frage? THOMALLA Wenn ich jedes Jahr vier, fünf Monate im Voralpenla­nd drehe, zieht’s mich doch eher ans Wasser, ans Meer, in die Weite.

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 ?? FOTO: ZDF ?? Als Dorfhelfer­in Katja Baumann steht Simone Thomalla in der ZDF-Filmreihe „Frühling“Menschen bei, deren Leben aus der Spur geraten ist.
FOTO: ZDF Als Dorfhelfer­in Katja Baumann steht Simone Thomalla in der ZDF-Filmreihe „Frühling“Menschen bei, deren Leben aus der Spur geraten ist.

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