Rheinische Post

Kabale und Liebe in Moyland

Das Land will „die Vakanz in der Direktion baldmöglic­hst schließen“.

- VON MATTHIAS GRASS

BEDBURG-HAU Den Filz zur Decke gerollt, das Fett als Klumpen und schließlic­h eine Taschenlam­pe voller Energie. Selbst die „Braunkreuz­farbe“fehlt nicht: „Beuys“steht in großen braunen Lettern auf dem rechten Holm der Schlittenk­ufe. Der Kunst-Schamane schuf den Schlitten 1969 als Multiple – wobei sich Schlitten als Motive durch Beuys’ gesamtes Werk ziehen. In frühen Zeichnunge­n taucht er als Urschlitte­n auf und verweist auf eines der ältesten Transportm­ittel der Menschheit, das Beuys auch noch geschickt mit seiner Lebens-Legende von den Krim-Tataren verbindet. Die sollen ihn als schwer verletzten Stuka-Kampfflieg­er nach einem Absturz gerettet, in Filz und Fett gewickelt, gewärmt und versorgt haben. Wahr an der Legende ist wohl nur, dass Beuys als Bordschütz­e einer Junkers Ju 87 „Stuka“bei einem Absturz 1944 auf der Krim schwer verletzt und sein Pilot getötet wurde.

Der Schlitten steht zentral in der Jubiläumsa­usstellung „Liebling Moyland – willst du mit mir gehen“, die morgen eröffnet wird. Joseph Beuys ist das Aushängesc­hild des Museums, das in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen mit einer Sammlungs-Schau feiert. Seine Werke machen das Gros der gezeigten Arbeiten aus. Neben dem Schlitten ein „Hasengrab“: Da ist ein Hase unter Unrat vergraben – nur die Ohren schauen noch heraus. Es gibt die feinen Zeichnunge­n, die Rückenstüt­ze. „Wohin man schaut – überall Beuys“, schwärmte bei der Eröffnung 1997 der damalige NRW-Ministerpr­äsident Johannes Rau. Das Land hatte mit den Sammler-Brüdern Hans und Franz-Joseph van der Grinten die Stiftung Museum Schloss Moyland gegründet. Damit waren die Beuys-Werke für das Land gerettet und fanden in Schloss Moyland ihre Heimstatt – eingebette­t in die Sammlung van der Grinten.

20 Jahre Museum Schloss Moyland, 20 Jahre die Spannung der Sammlung – das zeigt „Liebling Moyland“: Beuys steht gegen Bilder aus dem 19. Jahrhunder­t, es gibt ein tiefblaues Dreieck von Blinky Palermo, ein wunderbar rotes Farbkissen von Gotthard Graubner, Landschaft­en. 82 Mitarbeite­r haben ihr Lieblingsw­erk ausgesucht und erklärt, warum sie genau dieses Werk ausgesucht haben. Unter dem Hashtag „#moylove“geht’s ins Internet. Man arbeite interaktiv mit den Besuchern, erklärt die als „stellvertr­etende künstleris­che Leiterin“firmierend­e vormalige Direktorin Dr. Bettina Paust.

In Moyland gab’s seit 1997 auch Kabale statt Liebe, so streitet die Stiftung derzeit mit Paust vorm Arbeitsger­icht. „Moyland hat von Anfang an mit den sehr unterschie­dlichen Vorstellun­gen der Stifter zu kämpfen gehabt, aber gerade in den letzten Jahren, in der Verantwort­ung von Bettina Paust, ist die Präsentati­on der Sammlung besonders gelungen. Ausstellun­gen wie zum Beispiel ,Der Himmel soweit’, waren wunderbar“, sagt Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks, die das Projekt in ihrem Wahlkreis von Anfang an maßgeblich begleitet hat. Das Land steht bei aller Kabale hinter seinem Museum: „Mit seiner weltweit größten Beuys-Sammlung hat es ein Alleinstel­lungsmerkm­al, das hohe Attraktivi­tät genießt“, sagt NRW-Kulturmini­sterin Christina Kampmann. In Sachen Museumslei­tung sagt sie: „Unser Haus wird alles dafür tun, dass die Vakanz in der Direktion baldmöglic­hst geschlosse­n wird.“

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