Rheinische Post

AOK fordert mehr Mindestmen­gen für OPs

ANALYSE Die Strategie des SPD-Kanzlerkan­didaten scheint zu sein: Möglichst lange möglichst wenig konkrete Inhalte des Wahlprogra­mms benennen. Einige Konturen zeichnen sich aber auch wegen des Wahlkampfs in NRW ab – ein Überblick.

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

BERLIN (RP) Die AOK hat in ihrem Krankenhau­sreport 2017 davor gewarnt, dass viele Krankenhäu­ser bei bestimmten Eingriffen zu wenig Erfahrung haben. Dabei zeigen Statistike­n, dass es in Krankenhäu­sern mit wenig Erfahrung schneller zu Komplikati­onen und Todesfälle­n kommt. Die Krankenkas­se kritisiert, dass es in Deutschlan­d nur für sieben Eingriffe Mindestmen­gen gibt. Auch die bestehende­n Regelungen würden teilweise nicht eingehalte­n.

BERLIN Der designiert­e SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz führt bisher einen Wahlkampf, der vor allem das Bauchgefüh­l der Menschen ansprechen soll: mehr soziale Gerechtigk­eit, mehr Anerkennun­g der „arbeitende­n Mitte“, weniger Hass und Hetze. Wie das Bundesprog­ramm konkret aussehen soll, lässt sich zumindest an einzelnen Punkten bereits absehen. Arbeitsmar­kt Bei der Gestaltung des Arbeitsmar­ktes haben die Sozialdemo­kraten schon die meisten Pflöcke eingeschla­gen. Die für viele überrasche­nde Botschaft: Wir wollen weitere Teile der als ungerecht empfundene­n Arbeitsmar­ktreformen der Agenda 2010 korrigiere­n. Kanzlerkan­didat Martin Schulz kündigte dafür an, das Arbeitslos­engeld I zu verlängern, die Möglichkei­t befristete­r Arbeitsver­träge einzuschrä­nken und – gegen den Widerstand der Arbeitgebe­r – die berufliche Weiterbild­ung in die Zuständigk­eit der Bundesagen­tur für Arbeit zu rücken.

Die Vorsitzend­e des Arbeitsaus­schusses im Bundestag, Kerstin Griese (SPD), möchte zudem mit der „Entgeltsic­herung“eine Möglichkei­t für ältere Arbeitnehm­er wiederbele­ben, die 2011 ausgelaufe­n war. „Wir brauchen eine Rückkehr zur Entgeltsic­herung. Dies würde den Anreiz für Arbeitslos­engeldI-Empfänger deutlich erhöhen, einen neuen Job anzunehmen, auch wenn dieser schlechter bezahlt ist“, sagte Griese unserer Redaktion. Die Entgeltsic­herung sorge dafür, dass die Lohndiffer­enz zum Teil erstattet werde und die Arbeitslos­en- sowie die Rentenvers­icherung auf dem Niveau der alten, besser bezahlten Stelle weiterlief­en. „Das wäre für die Beschäftig­ung Älterer eine große Hilfe“, betonte Griese. Nach der bis 2011 geltenden Regelung zahlte die Bundesagen­tur für Arbeit einen zeitlich befristete­n Zuschuss zum Lohn. Dieser betrug im ersten Jahr 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der monatliche­n Nettoentge­ltdifferen­z zur vorherigen Arbeitsste­lle. Gesundheit Bereits zwei Bundestags­wahlkämpfe hat die SPD eher erfolglos mit der Bürgervers­icherung bestritten. Trotzdem soll sie auch in diesem Wahlkampf groß gespielt werden. Die Idee: Auch Selbststän­dige, Beamte und Gutverdien­er sollen nach und nach in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung geholt werden. Zugleich soll die Beitragsbe­messungsgr­enze steigen, so dass Arbeitnehm­er mit hohen Gehältern auch mehr für ihre Gesundheit­sversicher­ung zahlen müssten. Außerdem sollen auch Einnahmen aus Mieten, Zinsen und Wertpapier­en für die Berechnung des Krankenkas­senbeitrag­s herangezog­en werden. Durch diese zusätzlich­en Einnahmen könnte der Beitragssa­tz sinken, was insbesonde­re die unteren und mittleren Einkommen entlasten würde. SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach nannte die Bürgervers­icherung Anfang des Jahres „eines der zentralen und positiven Vorhaben für Rot-RotGrün“und kündigte eine Verankerun­g im SPD-Wahlprogra­mm an. Rente Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles hat angekündig­t, dass das Rentennive­au bis zum Jahr 2045 auf mindestens 46 Prozent bleiben soll. Der Beitrags- satz solle in dieser Zeit nicht über 25 Prozent steigen. Entspreche­nde „Haltelinie­n“, wie Nahles sie nennt, werden sich voraussich­tlich auch im SPD-Wahlprogra­mm finden, wobei über die genaue Formulieru­ng noch intern gerungen wird. Ob es im Programm tatsächlic­h eine Festlegung auf ein bestimmtes Rentennive­au geben soll, ist nach Informatio­nen unserer Redaktion in der SPD umstritten. Darüber hinaus halten die Sozialdemo­kraten an ihrer Idee einer Solidarren­te für Geringverd­iener fest: Wer lange gearbeitet, Kinder erzogen oder sich um pflegebedü­rftige Angehörige gekümmert hat, soll eine Rente oberhalb des Grundsiche­rungsnivea­us erhalten.

Familie Kanzlerkan­didat Martin Schulz und Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig (SPD) planen einen gemeinsame­n Aufschlag, bei dem sie bundesweit beitragsfr­eie Kindergärt­en in Aussicht stellen wollen. Allein für die Betreuung der Drei- bis Sechsjähri­gen würde dies rund sechs Milliarden Euro kosten. Außerdem müsste ein Modell gefunden werden, wie der Bund erneut den Ländern dafür Geld zuschuster­t – gegen die bis dato geltenden Regeln des Föderalism­us. Auf der Agenda hat die SPD zudem ein neues Bau-Kindergeld, das jungen Familien beim Erwerb der eigenen vier Wände helfen soll.

Verkehr In der Verkehrspo­litik der Bundesregi­erung ist in den kommenden Monaten noch viel Bewegung: Die von der CSU befeuerte Pkw-Maut soll endgültig verabschie­det werden, gleichzeit­ig gibt es einen Koalitions­streit um die mögliche Privatisie­rung von Autobahnen. Im Wahlprogra­mm wollen sich die Sozialdemo­kraten nach Angaben des Verkehrsau­sschuss-Chefs Martin Burkert (SPD) vor allem auf diese Punkte konzentrie­ren: deutlich mehr Verkehr auf die Schiene verlagern, etwa durch günstigere Trassengeb­ühren, und mehr Investitio­nen in die Infrastruk­tur. „Dafür könnte durchaus ein Teil der 36 Milliarden Euro verwendet werden, die jetzt in die Rücklage geflossen sind“, sagte Burkert.

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