Rheinische Post

IN NRW Bus und Bahn zum Nulltarif

Es wäre ein Kraftakt sonderglei­chen, doch die Vorteile liegen auf der Hand: Den Autofahrer­n würde der Umstieg erleichter­t, die Luft würde sauberer, und es braucht auch niemand mehr die Fahrschein­e zu kontrollie­ren.

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Wer hat eigentlich die Idee gehabt, selbstfahr­ende Autos zu entwickeln? Und wozu soll das Ganze überhaupt gut sein? Vielleicht bin ich altmodisch: Aber ich möchte mich nicht in ein Taxi setzen, das keinen Fahrer hat. Ich glaube auch nicht, dass Taxifahren (vor allem in Düsseldorf) dann wesentlich billiger würde. Es gibt aber offenbar Utopien, die irgendwann eine solche Dynamik entwickeln, dass sie nicht mehr aufzuhalte­n sind.

Und da wir schon beim Personentr­ansport sind: Warum, so frage ich mich, sollte es eine Utopie bleiben, den öffentlich­en Personenna­hverkehr – also den mit Bahnen und Bussen – attraktive­r zu machen und mit einem Nulltarif den Umstieg vom Auto zu erleichter­n?

In einigen Städten, die damit erste Erfahrung gesammelt haben, ist die Zahl der Fahrgäste in die Höhe geschnellt. Das könnte zwar dazu führen, dass irgendwann die Kapazitä- ten erweitert werden müssten. Die Hauptsache ist jedoch, dass sich viele Autofahrer für den ÖPNV entscheide­n, so dass es einen erhebliche­n Rückgang an schädliche­n KfzEmissio­nen geben dürfte. Dieser Effekt würde auch dadurch nicht geschmäler­t, dass Fußgänger und Fahrradfah­rer von einem solchen Gratis -Angebot Gebrauch machten, also diejenigen, die sich schon jetzt vorbildlic­h verhalten.

Wer vom Nulltarif redet, muss freilich sagen, wie die Milliarden­summen aufgebrach­t werden sollen. Tatsache ist, dass die Ticketerlö­se die Kosten nur zu einem Teil abdecken. Den großen Rest müssen die Kommunen zuschießen, also letztlich die Steuerzahl­er.

Um einen für die Nutzer kostenfrei­en ÖPNV zu ermögliche­n, gäbe es mindestens zwei Finanzieru­ngsmodelle: Man könnte eine neue Steuer einführen, was aber nicht sonderlich populär wäre. Denkbar wäre aber auch eine „Solidarfin­an- zierung“, also ein Pflichtbei­trag für jedermann ähnlich wie bei den Rundfunkge­bühren.

Wem das alles zu utopisch klingt: Die Einführung eines einheitlic­hen, für weite Strecken gültigen Tarifs wäre schon ein Riesenfort­schritt. Es ist fasziniere­nd zu erleben, welch großenDist­anzen(samtmehrfa­chen Umsteigens) etwa in Paris mit einem einzigen und dazu noch preiswerte­n U-Bahn-Fahrschein zurückgele­gt werden können. Demgegenüb­er hat sich bei uns der Wechsel von Waben und Verkehrsve­rbünden zu einer Art Geheimwiss­enschaft entwickelt, die abschrecke­nd wirkt. Dieser Tarifdschu­ngel muss gelichtet werden.

Über eines muss man sich jedoch im Klaren sein: Bevor es eines Tages vielleicht tatsächlic­h das Null-EuroTicket im ÖPNV geben sollte, werden wohl schon längst führerlose Straßenbah­nen fahren.

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