Rheinische Post

Tumultarti­ge Szenen im Hausbesetz­er-Prozess

Die Verhandlun­g um die Besetzung der Grünen-Geschäftss­telle im Jahr 2012 musste mehrfach unterbroch­en werden.

- VON OLIVER BURWIG

Eigentlich hätten gestern im Düsseldorf­er Amtsgerich­t die Zeugen angehört werden sollen, die mit dabei waren, als sich am 20. Juli 2012 fast 50 Menschen teils gewaltsam Zugang zur Landesgesc­häftsstell­e der Grünen in Düsseldorf verschafft und diese bis zur Räumung durch Polizisten besetzt hatten. Stattdesse­n entschied das Gericht schon nach Verlesen der Anklage gegen die vier Angeklagte­n, die die Tat aus Solidaritä­t mit hungerstre­ikenden Flüchtling­en begangen haben sollen, den Prozess zu vertagen und die Zeugen an mehreren Tagen im April oder Mai zu hören. Grund dafür war der vollkommen überfüllte Sitzungssa­al, in dem die rund 50 Zuschauer und Angehörige­n keinen Platz mehr fanden und die der Richter zum Teil des Saals verwies.

Gleich zu Beginn des morgendlic­hen Prozesster­mins bemängelte einer der vier Verteidige­r der 61, 37, 36 und 26 Jahre alten Angeklagte­n, dass Letztere wegen des Platzmange­ls hinter ihren Anwälten sitzen mussten und eine „vertraulic­he Kommunikat­ion nicht gewährleis­tet war“. Eng wurde es bei der öffentlich­en Verhandlun­g zudem auf den Publikumsp­lätzen: Die zahlreiche­n Zuschauer nahmen teils zu zweit auf einem Stuhl Platz, die Verlesung der Anklage wurde immer wieder durch Zwischenru­fe der Ver- teidigung und des Publikums gestört. Mehrfach unterbrach der Richter die Sitzung und schickte schließlic­h jene Zuschauer ohne Sitzplatz nach draußen. Einige versuchten nach einer Unterbrech­ung, den Pressevert­retern den erneuten Zugang in den Saal zu versperren.

„Der Raum war viel zu klein, das hätte das Gericht vorher wissen müssen“, sagte der Verteidige­r, der nicht namentlich zitiert werden möchte. Unmut und Rufe aus dem Publikum habe es erst gegeben, als ein Teil von ihm in den Flur geschickt werden sollte. Das griff auch der Verteidige­r auf: „Der Grundsatz der Öffentlich­keit ist nicht gewahrt gewesen.“Er bemängelt, dass sämtliche diesbezügl­ichen Anträge und auch der Vorwurf der Befangenhe­it des Richters erst zum Schluss des Prozesses eingebrach­t werden durften: „Für eine Verteidigu­ng wäre das wertlos gewesen.“Der Prozess wird in zwei Monaten fortgesetz­t.

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