Rheinische Post

Der Kampf gegen das Diesel-Verbot

Selbst das NRW-Umweltmini­sterium will Dieselfahr­zeuge nicht aus der Innenstadt verbannen. Aber was hilft sonst gegen zu hohe Luftversch­mutzung? Die Verantwort­lichen müssen Antworten finden – oder doch zum Verbot greifen.

- VON ARNE LIEB

Gibt es ein tageweises Verbot für Diesel wie in Stuttgart bald hier? Nein, das Vorbild Stuttgart spielt in Düsseldorf keine Rolle. Die Entscheidu­ng der grün-schwarzen Landesregi­erung in Baden-Württember­g hat für Aufsehen gesorgt: In Stuttgart dürfen Diesel ab 2018 nicht mehr über belastete Straßen fahren, wenn die Konzentrat­ion mit Feinstaub zu hoch ist. Das soll bewirken, dass die Zahl der Tage mit Spitzenwer­ten sinkt. Dieses Modell würde in Düsseldorf nicht viel helfen. Denn hier sind Stickoxide das Problem. Die Belastung ist anders als beim Feinstaub relativ konstant, zudem ist das Jahresmitt­el und nicht einzelne Tage maßgeblich. Ist damit das drohende Dieselverb­ot für Düsseldorf vom Tisch? Nein. Anders als in Stuttgart wird in Düsseldorf ein generelles DieselFahr­verbot für die Innenstadt diskutiert. Die Umsetzung gilt als nicht sehr wahrschein­lich, ist aber nicht ausgeschlo­ssen. Das Verwaltung­sgericht hatte das Verbot nach einer Klage der Umwelthilf­e angeregt. Weil eine bundesweit­e Regelung fehlt, müssten sich Bezirksreg­ierung und Stadt zur Umsetzung sozusagen ein eigenes Verkehrsze­ichen bauen: Sie könnten das Zeichen für „Durchfahrt verboten“mit dem Zusatz „Diesel“aufstellen (siehe Abbildung), weitere Zusätze könnten Ausnahmen etwa für die neusten Diesel „Euro 6“oder Handwerker festlegen. Das Land NRW ist aber der Ansicht, dass das rechtlich nicht geht; diese Frage soll das Bundesverw­altungsger­icht klären. Das Verbot für eine Stadt allein stößt in der Politik zudem auf breite Ablehnung. NRW-Umweltmini­ster Johannes Remmel (Grüne) will andere Wege zu weniger Luftversch­mutzung prüfen. Warum ist Düsseldorf betroffen? Dass das viel beachtete Urteil ausgerechn­et in Düsseldorf gefällt wurde, ist letztlich Zufall. Auch viele andere Städte überschrei­ten in jedem Jahr den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Umwelthilf­e verklagt systematis­ch Kommunen. An der Corneliuss­traße, wo die Messstelle steht, werden rund 60 Mikrogramm gemessen. Bei solchen Werten drohen Menschen ernste Schäden. Welche Alternativ­en gibt es? Das ist die große Frage. Ein Gutachten hat gezeigt, dass ein „einschneid­ender“Eingriff nötig ist, um die Werte zu senken. Das heißt: Ein Großteil der Schadstoff­e müsste wegfallen. Bislang ist kein Plan B zu einem Verbot in Sicht. NRW-Verkehrsmi­nister Michael Groschek will Vielfahrer in den Fokus nehmen, das fordert auch die Düsseldorf­er SPD. So soll die Rheinbahn auf E-Busse umstellen, für Taxen oder Handwerker soll es Förderung für Neufahrzeu­ge geben. Es gilt aber als fraglich, dass das in absehbarer Zeit genug bringt. Auch die Stärkung von ÖPNV und Radverkehr hilft – erfordert aber viel Geld und Zeit. Bezirksreg­ierung und Stadt müssen bis Jahresende darlegen, wie sie die Werte senken wollen. Ist das überhaupt eine Aufgabe für Land und Stadt?

Das ist schon ziemlich verrückt: Da soll Düsseldorf eine Lösung dafür finden, dass der Autoverkeh­r zu viele Schadstoff­e produziert – und notfalls im Alleingang zehntausen­de DieselFahr­er verbannen. Und das, obwohl etliche andere Städte von Köln bis Gelsenkirc­hen vor demselben Problem stehen. Ein Verbot würde zu Recht zu einem Aufschrei führen.

Dabei lässt sich das Problem Luftversch­mutzung nur auf höheren Ebenen lösen. Der Staat muss mehr Anreize dafür schaffen, dass Firmen und Privatleut­e schnell auf schadstoff­ärmere Technologi­en umsteigen. Und an einer schärferen Umweltzone dürfte mittelfris­tig kein Weg vorbeigehe­n. Die muss aber dann für alle betroffene­n Städte gelten und ausreichen­d Übergangsz­eit bieten. Die aktuelle Debatte bringt nichts als Verunsiche­rung.

arne.lieb@rheinische-post.de

Eigentlich nicht. Eine bundesweit­e Lösung würde sich anbieten. Das Verkehrsmi­nisterium hat aber die Pläne für eine schärfere Umweltzone vorerst gestoppt („Blaue Zone“). Eine wichtige Rolle spielen auch die Hersteller: Die Neuwagen der vergangene­n Jahre produziert­en deutlich mehr Abgase als erwartet – Stichwort VW-Skandal. „Sollte es zu Fahrverbot­en kommen, dann haben dies vor allem die Automobilh­ersteller zu verantwort­en“, heißt es aus dem NRW-Umweltmini­sterium.

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