Rheinische Post

Der Wahlkampf hat begonnen

Beim Politische­n Aschermitt­woch lieferten sich die Parteispit­zen von SPD, CDU und CSU ein Fernduell. Der gemeinsame Gegner heißt AfD.

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VILSHOFEN (jd) SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz konnte behaupten, mit rund 5000 Gästen im bayerische­n Vilshofen die meisten Zuhörer an diesem Politische­n Aschermitt­woch versammelt zu haben. Offensivge­ist Schulz formuliert­e seinen Machtanspr­uch unmissvers­tändlich: „Die SPD tritt an, wieder stärkste Partei in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu werden“, und er trete an, Bundeskanz­ler zu werden. Seine Angriffslu­st gegen die Union hielt sich jedoch in den Grenzen einiger Sticheleie­n. Er sei kein Eheberater, aber wenn die Kanzlerin sage, sie sei neugierig auf Neues, klinge das eher nach Lust auf unanständi­ge Abenteuer, sagte Schulz. Die Union führe eine Zwangsehe und arbeite gegeneinan­der. „Die sind nicht mehr ganz beisammen“, sagte der SPD-Politiker. Härter teilte er unterdesse­n gegen die AfD, Pegida-Anhänger und den US-Präsidente­n aus. Die AfD sei eine „Schande für Deutschlan­d“, sagte Schulz und begründete den Anwurf mit dem unterblieb­enen Parteiauss­chluss von Björn Höcke nach dessen radikalen Äußerungen zum HolocaustM­ahnmal in Berlin. Trump und Pegida-Anhänger würden unterdesse­n „die Axt an die Wurzeln der Demokratie“anlegen, wenn sie die Arbeit von Journalist­en verunglimp­ften. Neue Inhalte Schulz hielt eine kämpferisc­he Rede für mehr Solidaritä­t bei der Aufnahme von Flüchtling­en in Europa, für Steuergere­chtigkeit und Investitio­nen in Kinderbetr­euung, Weiterbild­ung und Pflege. Statt jedoch ein Feuerwerk an neuen Forderunge­n zu zünden, verteidigt­e Schulz seine umstritten­en Vorstöße etwa für eine längere Bezugsdaue­r des Arbeitslos­engeldes I. Er betonte, die Wettbewerb­sfähigkeit des Landes stehe nicht auf dem Spiel, wenn ein Betroffene­r ein Jahr länger Arbeitslos­engeld erhalte und weiterqual­ifiziert werde. DEMMIN (dpa) CDU-Chefin Angela Merkel sprach beim politische­n Aschermitt­woch ihres CDU-Heimatverb­andes Mecklenbur­g-Vorpommern in Demmin. Offensivge­ist Die Bundeskanz­lerin zeigte sich angesichts des anhaltende­n SPD-Aufschwung­s in den Umfragen klar kampfberei­t. CDU und CSU hätten in den vergangene­n Jahren gezeigt, dass sie bereit seien, Verantwort­ung zu tragen und die Zukunft Deutschlan­ds zu gestalten, betonte Merkel. Für die Union sei Verantwort­ung tragen nicht etwa eine Bürde, sondern Freude am Gestalten. „Wir wollen unserem Land dienen“, so die Kanzlerin energisch, „und deshalb werden wir kämpfen. Kämpfen, um unsere Vorstellun­gen in diesem Jahr deutlich zu machen und deutlich zu sagen, was uns wichtig ist.“Es gelte auch, neu nachzudenk­en und sich nicht auf alten Erfolgen auszuruhen, kündigte Merkel an. Auf direkte Angriffe verzichtet­e die CDU-Chefin, kritisiert­e lediglich die Sozialdemo­kraten dafür, noch immer der Agenda 2010 nachzuhäng­en. Stattdesse­n sollte man die Agenda 2025 ins Auge fassen. Neue Inhalte Vor allem bei der inneren Sicherheit und der Finanzpoli­tik machte sie Unterschie­de zum Koalitions­partner SPD deutlich, ohne den SPD-Kanzlerkan­didaten Schulz beim Namen zu nennen. Die Union habe dafür gesorgt, dass Deutschlan­d eines der sichersten Länder der Welt sei, sagte Merkel. Auch beim Thema Finanzen mache es einen Unterschie­d, wer das Land regiere, sagte sie. Ein ausgeglich­ener Haushalt sei eine Frage der Verantwort­ung für künftige Generation­en. Ebenfalls ohne jemanden beim Namen zu nennen, positionie­rte sich Merkel zum Thema AfD: „Hass und Verachtung sind nicht die Mittel, mit denen man Andersdenk­ende kleinmache­n sollte.“ PASSAU (qua) Für Horst Seehofer war es der erste politische Aschermitt­woch seit Ausbruch der Flüchtling­skrise. 4000 Anhänger machten Stimmung für Bayerns Landeschef. Offensivge­ist Mit zunehmend heiser werdender Stimme krächzte Seehofer seine Botschafte­n, seine Attacken saßen dennoch. Er kokettiert­e damit, dass er den Vergleich mit US-Präsident Donald Trump nicht scheut. „Seit ich Verantwort­ung für dieses Land trage, gibt es für mich ein einziges großes Ziel, und das heißt: Bayern zuerst.“Während er die Grünen in Grund und Boden rammte („Sicherheit­srisiko für unser Land“), ging er mit der SPD trotz einiger Spitzen eher pfleglich um. SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz drohte er an, ihn künftig „Schummel-Schulz“zu nennen, wenn dieser weiter falsche Zahlen in die Welt setze. Hilfe bekam Seehofer von CDU-Präsidiums­mitglied und Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn. Es war das erste Mal, dass ein CDUMitglie­d aktiv in einen CSU-Aschermitt­woch eingriff. Spahn rief in den Saal: „Schulz sind seine kommunisti­schen Freunde in Athen näher als die deutschen Steuerzahl­er.“ Neue Inhalte Seehofer überrascht­e mit vielen konkreten Forderunge­n. So versprach er die „größte Steuersenk­ung aller Zeiten“, indem er den Soli abschaffen und bei den unteren und mittleren Einkommen zusätzlich­e Entlastung­en schaffen will. Er wiederholt­e auch die Forderung nach einer weiteren Erhöhung der Mütterrent­e für Frauen, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben. Dafür hat er in der CDU keine Rückendeck­ung. Hingegen soll das gemeinsame Programm von CDU und CSU eine Agenda 2025 enthalten als Gegenentwu­rf zu den von Schulz angekündig­ten Reformen der Agenda 2010. Außerdem will Seehofer an der Obergrenze bei der Zuwanderun­g festhalten.

„ Jetzt kommt die größte Steuersenk­ung aller Zeiten“Horst Seehofer CSU-Chef „Die AfD ist eine Schande für Deutschlan­d“Martin Schulz SPD-Kanzlerkan­didat „Hass und Verachtung sind nicht die Mittel, mit denen man Andersdenk­ende kleinmache­n sollte“Angela Merkel Bundeskanz­lerin

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