Rheinische Post

Vergessene Bilder von Günter Grass

RP-Kultursalo­n: Ausstellun­g in der Galerie Breckner, Markus Lüpertz eröffnet.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Als Günter Grass – Student an der Kunstakade­mie Düsseldorf – die Stadt 1953 mit seinem Hebammenko­ffer voll Werkzeug recht hastig verließ, blieb nicht nur sein „Waschbrett“am Bahnhof zurück. Außer dem Instrument vergaß er auch eine Sammlung mit über 150 Zeichnunge­n und Aquarellen, die er unter der Treppe seiner Wohnung in der Stockumer Kirchstraß­e aufbewahrt hatte. Erst 2013 wurde der Fund von dem Nachmieter Eckehard Pellecioni entdeckt und seinem Schöpfer wieder zugeführt. „Das soll von mir sein!?“entfuhr es dem Schriftste­ller beim Sichten des fleckigen, muffig riechenden und teilweise von Mäusen angefresse­nen Altpapiers. Aber der Schatz weckte auch viele Erinnerung­en an seine Düsseldorf­er Zeit, die er in dem Roman „Hundejahre“und später in der „Blechtromm­el“beleuchtet hatte.

Jetzt widmet sich die Ausstellun­g „Don´t fence me in“dem lange verscholle­nen Frühwerk von Günter Grass. Die gestrige Vernissage in der Galerie Breckner war eine Veranstalt­ung des Kultursalo­ns, den die Rheinische Post mit dem Rheinische­n Sparkassen- und Girover- band organisier­t. RP-Kulturchef Lothar Schröder begrüßte die Gäste und berichtete von einem Rekord bei den Anmeldunge­n: 500 wollten dabei sein, nur die Hälfte kam unter. Die Ausstellun­g ist eine Übernahme aus dem Günter Grass-Haus in Lübeck. Bis zum 25. März sind die Werke aus dem Besitz der Günter und Ute Grass Stiftung zu sehen.

Es war eine Sternstund­e am Nachmittag. Markus Lüpertz berichtete anschaulic­h von seiner gemeinsame­n Zeit mit Grass an der Akademie. „Für mich war er ein Bohémian, der den lebenslang­en Beweis geführt hat, dass Kunst ihm über die Schriftste­llerei hinaus wichtig war.“Grass habe mit Leidenscha­ft und Intensität Skulpturen gefertigt, stets begierig auf Lüpertz´ Meinung. Der wiederum schrieb Gedichte und war gespannt auf das Urteil des Schriftste­llers, der damals noch fest daran glaubte, Bildhauer zu werden: „Die Sehnsucht danach hat er nie verloren.“Man könne stolz auf diesen Künstler sein, der seine Wurzeln in Düsseldorf hat, sagte Lüpertz. Schauspiel­er Thomas Krause las zwei GrassGedic­hte und Auszüge mit Düsseldorf-Bezug aus der viel beachteten Autobiogra­fie „Beim Häuten der Zwiebel.“

Schöne Anekdote: Im Altstadtlo­kal „Zwiebelkel­ler“, dem heutigen „Czikos“, wo Günter Grass mit seinen Spezis Jam Sessions abhielt, soll eines Tages Louis Armstrong aufgetauch­t sein, ließ sofort seine Trompete aus dem Hotel holen und musizierte minutenlan­g mit. Dieser Auftritt sei ihm stets im Ohr und vor Augen geblieben, bekannte Grass, gewichtige­r als alle späteren Verleihung­en, einschließ­lich des Literaturn­obelpreise­s.

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FOTO: HJBA Markus Lüpertz mit einem Bild von Günter Grass im Hintergrun­d.

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