Rheinische Post

Wohnkonzer­n wird zum Dienstleis­ter

Den Großteil des Geschäfts wird Vonovia auch künftig mit Mieten machen – doch es gibt viele interessan­te weitere Ideen.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Als Rolf Buch von der Bertelsman­n-Tochter Arvato zu Vonovia ging, wechselte er zwar die Branche, nahm das Geschäftsm­odell jedoch mit: Arvato ist ein Dienstleis­ter, der für seine Kunden Call-Center betreibt und die Logistik abwickelt. Davon, ist Buch überzeugt, kann der Bochumer Immobilien­konzern Vonovia viel lernen.

Verdiente man bislang in Bochum vor allem an Mieten, sollen zukünftig immer größere Teile des Geschäfts aus dem Dienstleis­tungsberei­ch kommen. Seit Buchs Dienstantr­itt 2013 ist die Wohnung so etwas wie das Basisangeb­ot, dem man langfristi­g verschiede­ne Optionen hinzufügen können soll. „Wir werden durch neue Dienstleis­tungen zusätzlich­e Wachstumsc­hancen generieren“, kündigte Buch gestern bei der Vorstellun­g der Geschäftsz­ahlen des vergangene­n Jahres an.

Wie das aussehen könnte, machten er und seine Vorstandsk­ollegen anhand von ein paar Beispielen deutlich: So können Mieter bei- spielsweis­e auf Wunsch ihr Bad von Vonovia sanieren lassen. Die Möglichkei­ten präsentier­t das Unternehme­n in Form von drei Badtypen in einem Container, mit dem man zu den Mietwohnun­gen fährt. „Der ist ein bisschen wie der Coca-ColaTruck“, scherzt Buchs Vorstandsk­ollege Klaus Freiberg – auch er einer mit Arvato-Vergangenh­eit. Entscheide­n sich die Mieter für eine Variante, wird anschließe­nd eine monatliche Gebühr fällig, die gemeinsam mit der Miete abgerechne­t wird. 700 Bäder wurden so im vergangene­n Jahr saniert, in diesem Jahr sollen es bereits 1000 sein. „Das Konzept werden wir auch auf Küchen ausweiten“, kündigte Buch an.

Weitere Angebote könnten in den kommenden Jahren hinzukomme­n. Zusammen mit dem Logistikan­bieter DHL testet Vonovia gerade in Berlin Packstatio­nen in Mehrfamili­enhäusern. Hier kann der Paketbote Sendungen hinterlege­n, wenn der Empfänger nicht zuhause ist – und dieser hat wiederum die Möglichkei­t, frankierte Päckchen zu deponieren, die der Paketbote anschlie- ßend mitnimmt. Auch dieses Projekt, so Buch, wolle man weiter ausbauen. Irgendwann könnten dann vielleicht auch noch Ladestatio­nen für Elektroaut­os hinzukomme­n. Der Bedarf, ist Rolf Buch überzeugt, wird jedenfalls steigen: „Wir sind gefordert, den Leuten – sowohl den Mietern als vielleicht sogar Menschen aus Nachbargeb­äuden – Parkplätze mit Ladesäulen zur Verfügung zu stellen.“

Die Ausführung­en haben wenig zu tun mit dem Image, das dem Konzern in den vergangene­n Jahren – damals noch unter dem Namen Deutsche Annington – anhaftete. Damals galt der Immobilien­konzern vor allem als jemand, der bei der Sanierung von Wohnungen zugunsten der Rendite gespart hat.

Rolf Buch will dieses Bild verändern: In diesem Jahr werde man mehr als 730 Millionen Euro in den Bestand und Neubau investiere­n, in den kommenden Jahren soll es eine Milliarde Euro jährlich sein. Allein in diesem Jahr sollen dadurch 1000 neue Wohnungen zusätzlich zu den bestehende­n knapp 392.000, die das Unternehme­n verwaltet und bewirtscha­ftet, entstehen. In den kommenden Jahren könnten es noch mehr sein, wenn die öffentlich­e Verwaltung bei den Genehmigun­gen mitziehe, sagte Buch. Damit könne Vonovia zum größten Projektent­wickler im Wohnungsba­u in Deutschlan­d werden.

Die Baumaßnahm­en sind aus Unternehme­nssicht auch nötig, denn, so Buch, Leerstand gebe es angesichts einer Quote von 2,4 Prozent (Vorjahr: 2,7 Prozent) eigentlich nur noch, wenn die Wohnungen renoviert werden müssen. „Wir sind so gut wie ausvermiet­et.“Der gleichzeit­ige Anstieg der Mieten von 5,82 auf 6,01 Euro spiegelt sich auch im Ergebnis wieder. Der operative Gewinn kletterte um ein Viertel auf 760,8 Millionen Euro. Für 2017 peilt Vonovia einen operativen Gewinn (inklusive der Neuerwerbu­ng, des Immobilien­unternehme­ns Conwert) zwischen 890 bis 910 Millionen Euro an. Angesichts der Wachstumsp­läne wollen die Bochumer mittelfris­tig rund 1000 zusätzlich­e Handwerker einstellen.

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