Rheinische Post

„Justin Timberlake fand ich sehr nett“

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE ALEXANDRA WEHRMANN

Im Leben von Volker Bertelmann alias Hauschka geht gerade alles Schlag auf Schlag. Nur wenige Tage nach der Oscar-Verleihung, bei der er wie schon zuvor bei den Golden Globes leer ausging, ist der Düsseldorf­er schon wieder auf Tour. Beim Telefonint­erview klingt seine Stimme ein bisschen so, als könnte er mehrere Mützen Schlaf vertragen. Kein Wunder, seine Tage sind derzeit sehr, sehr voll. Mit dem Soundtrack zu „Lion“waren Sie für den Golden Globe und für den Oscar nominiert, sind aber in beiden Fällen leer ausgegange­n. Wie enttäuscht waren Sie? VOLKER BERTELMANN Bei den Golden Globes war vergleichs­weise mehr Enttäuschu­ng dabei, weil es da vorher ein paar Anhaltspun­kte gab, dass die Entscheidu­ng knapp ausfallen könnte. Bei den Oscars war dann die Nominierun­g an sich schon toll. Und sie hat natürlich auch viel Aufmerksam­keit erzeugt. Im Fall der Golden Globes war das Medienecho – abgesehen von den lokalen Medien – ja noch recht mäßig. Da war eigentlich immer nur von „Toni Erdmann“die Rede. Das hat sich mit der Oscar-Nominierun­g dann total gedreht. Da gab es plötzlich ein völlig anderes Interesse. Wie viele Interviews haben Sie Journalist­en in den vergangene­n Wochen gegeben? BERTELMANN So 60 bis 70 dürften es wohl gewesen sein. Für Medien aus Russland, Mexiko, Argentinie­n und natürlich auch viele aus Deutschlan­d, den USA und England. Sie hatten vor den Oscars bereits Erfahrunge­n mit Preisverle­ihungen gesammelt. Gab es trotzdem ein Detail, das Sie überrascht hat? BERTELMANN Das ist natürlich alles sehr profession­ell gemacht und kommt auf Bildern immer total glamourös rüber. Aber am Ende des Tages, wenn du live dabei bist, schrumpft das auf eine Veranstalt­ung zusammen, die real ist wie ein Theaterbes­uch. Und manchmal auch ein bisschen langwierig. Vom roten Teppich jetzt mal abgesehen. Der rote Teppich ist natürlich aufregend. Unglaublic­h viele Fotografen. Wahnsinnig viel Presse. Insgesamt fand ich den Abend auf jeden Fall unterhalts­am. Auch weil er für eine Oscar-Verleihung sehr bissig war. Und sehr politisch. Gab es eine Begegnung, die bei Ihnen bleibenden Eindruck hinterlass­en hat? BERTELMANN Nein, bei dem OscarAbend selber nicht. Es finden aber im Vorfeld der Oscars immer schon diverse Feierlichk­eiten statt. In der Woche vor der Verleihung gab es zum Beispiel ein gemeinsame­s Abendessen aller Nominierte­n aus der Sparte Musik. Dustin O‘Halloran und ich waren an einem Tisch mit 14 Leuten. Mir gegenüber saß Justin Timberlake. Mit ihm habe ich mich lange unterhalte­n. Den fand ich sehr nett. Zu späterer Stunde kam dann

noch Quincy Jones, ich nehme an, als eine Art Ehrengast. Mit dem habe ich auch länger gesprochen. Er hat ja viele Platten von Michael Jackson produziert, darunter „Thriller“. Das hat mich sehr interessie­rt. So ein Urgestein zu treffen, ist natürlich toll. Sie sind vor einer Woche aus den USA zurückgeko­mmen und sind schon wieder auf Tour. Kaum Zeit zum Verarbeite­n. Wie schaffen Sie das? BERTELMANN Dadurch, dass ich arbeite, bin ich eigentlich relativ schnell wieder im Hier und Jetzt. Das Schöne bei mir ist ja, dass die Arbeit nicht Arbeit ist, die ich mache, um danach Freizeit zu haben. Sondern ich mache ja das, was ich normalerwe­ise in der Freizeit machen würde. Das ist ja sozusagen meine Lebensaufg­abe. Insofern macht mir das alles total Spaß. Und verarbeite­n muss man gar nicht so viel. Manche Dinge werden halt auch leichter, wenn man zum Beispiel in der Business Class reist, wo man gut schlafen kann. Man kommt ausgeruht an, zieht sich einen Anzug an und kann direkt irgendwo hingehen. Was steht bei Ihnen in den kommenden Wochen an? BERTELMANN Bald geht es nach Istanbul, London und Bukarest. Und in der Elbphilhar­monie in Hamburg spiele ich auch ein Konzert. Außerdem arbeite ich gerade noch an einer Kompositio­n für den israelisch­en Mandolinis­ten Avi Avital. Ein toller Virtuose! Ich schreibe zwei Stücke für ihn und ein Streich-Quartett fürs „Schleswig-Holstein Musik Festival“. Gibt es auch neue Filmmusik-Projekte? BERTELMANN Natürlich bekomme ich momentan diesbezügl­ich viele Anfragen. Bei einer Reihe von Filmen bin ich auch schon im Gespräch. Ein Projekt ist bereits spruchreif. Das ist wieder ein australisc­her Film. Er heißt „Hotel Mumbai“. Da geht es um den Terroransc­hlag auf das Hotel Taj Mahal in Mumbai im Jahr 2008. Dev Patel, der Hauptdarst­eller aus „Lion“, ist auch wieder mit dabei. Das ist das nächste größere Filmprojek­t, das ansteht. Im Moment arbeite ich noch an der Musik zu einem Dokumentar­film, der im April beim „Tribeca Film Festival“in New York läuft. Die muss bis Anfang April fertig werden. Am 31. März erscheint Ihre neue CD „What If“. Der Sound ist anders als bei den vorherigen Werken. Düsterer. BERTELMANN Stimmt. Ich wollte mir bewusst eine Möglichkei­t schaffen, mich ein wenig abzugrenze­n vom Film-Soundtrack, der ja immer auch sehr funktional ist.

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