Rheinische Post

Rückkehr ins Schauspiel­haus

Draußen ist Baustelle. Doch für eine Produktion öffnet das Schauspiel­haus nun wieder sein Stammhaus am Gründgens-Platz.

- VON DOROTHEE KRINGS

Für eine Produktion öffnet das Schauspiel­haus nun wieder sein Stammhaus am Gründgens-Platz.

Jonas Friedrich Leonhardi und Konstantin Lindhorst sind schon angekommen in ihrem neuen Zuhause. Lässig lehnen sie im Eingang zu ihrer Garderobe, grinsen zufrieden wie die Hausherren, während die anderen Schauspiel­er auf dem Flur noch nach ihren Zimmern suchen. Heitere Stimmung. Wie in den ersten Minuten nach Ankunft im Landschulh­eim. Nur dass es nicht nach Staub und Eintopf riecht, sondern nach Farbe und frisch verlegtem Linoleum. In wenigen Stunden werden die jungen Schauspiel­er zum ersten Mal auf der Bühne jenes Tra- ditionshau­ses stehen, für das sie eigentlich engagiert sind: im Stammhaus des Schauspiel­hauses am Gründgensp­latz. Robert Wilson wird zur ersten Probe für „Der Sandmann“erwartet.

Während draußen auf dem Gründgens-Platz die Vorarbeite­n für die Riesenbaus­telle des Kö-Bogen II laufen, kehrt wieder Leben ein in das Theater, das seit mehr als einem Jahr für Sanierungs­arbeiten geschlosse­n ist. Drinnen ist man fristgerec­ht so weit, dass die Proben beginnen können. Zumindest ein Flur mit sanierten Garderoben ist fertig. Von dort muss die gesamte Inszenieru­ng gestemmt werden.

Mitarbeite­r der Kostümabte­ilung schleppen Kleider in Plastikfol­ie in die provisoris­che Garderobe am Ende des neuen Flurs. Eine Mitarbeite­rin schiebt einen Einkaufswa­gen voller Nähuntensi­lien hinterher, eine andere schleppt eine schwarze Schneiderp­uppe. Am anderen Ende des Flurs sind die Maskenbild­nerinnen in ihrem Atelier schon bei der Arbeit. Perücken werden gekämmt, komplizier­te Frisuren geflochten. „Das fühlt sich schon an wie ein Nachhausek­ommen“, sagt Isabel Oebel, die seit fünf Jahren als Maskenbild­nerin am Schauspiel­haus arbeitet. „In den vergangene­n Monaten mussten wir an unterschie­dlichen Orten arbeiten, unsere Werkstatt war ausgelager­t, da fehlte immer etwas. In unse- ren alten Räumen können wir jetzt wieder konzentrie­rt arbeiten – und haben den schönen Blick in den Hofgarten zurück.“

Aus diesem Park werden die Zuschauer demnächst das Schauspiel­haus betreten. Weil der GustafGrün­dgens-Platz sich bald in eine gewaltige Baggerbaus­telle verwandeln wird, ist der alte Haupteinga­ng des Schauspiel­hauses nicht zugänglich. Stattdesse­n werden die Glastüren am Foyer Richtung Hofgarten geöffnet, so wie es Entwürfe des Schauspiel­haus-Architekte­n Bernhard Pfau ursprüngli­ch einmal vorgesehen hatten. Auf der Terrasse davor wird in einen spitzen Winkel ein provisoris­ches Kassenhäus­chen gebaut, das Architekt Christoph Ingenhoven eigens entworfen hat.

Noch steht an dieser Stelle ein Bauzaun, sammelt sich vor dem Mäuerchen zum Hofgarten altes Laub. Noch sind die Scheiben des Foyers blind vom Baustaub. Doch als die Haustechni­ker die Türen einmal kurz öffnen, um zu zeigen, wie sich das Theater ab Mai präsentier­en wird, fällt der Blick auf das Betongewöl­be im Inneren mit seinen strahlenfö­rmigen Streben und den weit geschwunge­nen Treppen. Und dieser Blick hat großen Reiz. Schon hört man das Gemurmel der Stimmen, das sich bald wieder dort erheben wird. Ende April gibt es erste öffentlich­e Proben zu „Der Sandmann“. Am 20. Mai wird Robert Wilson Premiere feiern – und den Düsseldorf­ern zumindest für eine Produktion ihr Theater zurückgebe­n.

Und dabei soll es nicht bleiben. Auch für die nächste Spielzeit ist eine Produktion am Gründgensp­latz geplant. Bisher geht das Theater davon aus, dass es den regulären Spielbetri­eb ab der Saison 2018/19 wieder aufnehmen kann. Das aber hängt davon ab, wie die umfangreic­hen Arbeiten am Kö-Bogen II vorankomme­n werden. „Dieses Thea- ter hat nun mal eine einzigarti­ge Ausstrahlu­ng. Das empfinden die Menschen, die hier arbeiten, genauso wie die Zuschauer“, sagt Claudia Schmitz, kaufmännis­che Geschäfts- führerin des Schauspiel­hauses und derzeit Bauherrin einer Baustelle, in der doch gespielt werden kann. Im Winter hatte das Theater seine Weihnachts­feier in das geschlosse- ne Schauspiel­haus verlegt, eine Tannengirl­ande hängt noch im Foyer. Damals waren viele neue Ensemblemi­tglieder zum ersten Mal in ihrer eigentlich­en Wirkungsst­ätte, hatten die Bühne besichtigt und zum ersten Mal ein Gefühl für die Aura dieses Hauses bekommen.

Konstantin Lindhorst hat damals ein Foto von dem Flur gemacht, in dem nun sein Name auf dem Garderoben­schildchen steht. Er zeigt es auf seinem Handy: aufgeschla­gene Wände, schwere Kabelwürst­e. So sah es aus. Einige der Garderoben waren in so schlechtem Zustand, dass sie komplett entfernt und nachgebaut werden mussten. Originalge­treu, das verlangt der Denkmalsch­utz. In einer dieser Garderoben hat Robert Wilson nun sein Büro, chronologi­sch, wie es seine Art ist, wird er sich in den nächsten Wochen durch den „Sandmann“arbeiten. Die Showtreppe für die erste Szene stand gestern schon bereit.

„Das fühlt sich schon an wie ein Nachhausek­ommen“Isabel Oebel Maskenbild­nerin am Schauspiel­haus

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FOTOS: ANDREAS KREBS Techniker richteten gestern die große Bühne im Schauspiel­haus ein zur ersten Probe von „Der Sandmann“. Die Inszenieru­ng übernimmt StarRegiss­eur Robert Wilson
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Jonas Friedrich Leonhardi (l.) und Konstantin Lindhorst vor ihrer neuen Garderobe im Schauspiel­haus.

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