Rheinische Post

VW schafft Milliarden-Gewinn und gibt sich bei den Gehältern der Manager bescheiden.

Volkswagen ist der größte Autoherste­ller der Welt, doch Vorstandsc­hef Matthias Müller betont immer wieder, dass das nicht entscheide­nd sei. Er will ein neues Image - doch die Realität holt ihn immer wieder ein.

- VON FLORIAN RINKE

WOLFSBURG Bei der Kleiderord­nung hört bei VW der Aufbruch auf. Andere Konzernvor­stände hatten zuletzt bei Pressekonf­erenzen demonstrat­iv auf die Krawatte verzichtet. Frei nach dem Motto: Seht her, wir sind auch jung und modern wie die Start-ups.

Matthias Müller macht da nicht mit. Der VW-Chef trägt – genau wie seine männlichen Vorstandsk­ollegen – Krawatte zur Bilanz-Pressekonf­erenz. Müller ist niemand der sich anbiedert, dadurch aber auch häufiger aneckt. Auch gestern sagte er wieder Sätze wie: „Ich halte nichts von vorauseile­ndem Gehorsam“, wenn er gefragt wird, welche Konsequenz­en VW wegen der Ankündigun­gen von US-Präsident Donald Trump, den US-Markt abzuschott­en, zieht. Es gebe schließlic­h gültige Freihandel­sabkommen.

Ganz ähnlich war zunächst die Devise beim Thema Vorstandsg­ehälter: Nur weil die Öffentlich­keit einen Boni-Verzicht nach Bekanntwer­den des Abgasskand­als verlangte, heißt das noch nicht, dass man dem Druck sofort nachgibt. 63 Millionen Euro kassierte der Vorstand trotz DieselSkan­dal 2015, obwohl da schon klar war, dass die Krise Jobs kosten würde. Millionen-Boni trotz Krise – das sah ganz nach einem „Weiter so“aus.

Aber so ganz stimmt das nicht. Müller ist es ernst mit dem Wandel. Die Vorstandsg­ehälter sind inzwischen – trotz gültiger Verträge – begrenzt worden. In Zukunft soll ein VW-Chef maximal zehn Millionen Euro verdienen – und nicht wie ExChef Martin Winterkorn in seinen besten Zeiten mehr als 17 Millionen. Die neuen Regeln gelten ab diesem Jahr, die Gehälter gingen aber schon 2016 spürbar zurück: 39,5 Millionen Euro kassierten die VW-Manager für das Geschäftsj­ahr 2016, obwohl das Unternehme­n wieder einen hohen Milliarden-Gewinn einfuhr. Andere Dax-Chefs verdienen deutlich mehr als der Chef des weltgrößte­n Autoherste­llers Müller (7,2 Millionen Euro). Parallel arbeitet er an einer neuen Führungsku­ltur: Es soll weniger zentral entschiede­n werden, niemand soll Widerspruc­h scheuen. Gestern betonte er noch einmal, dass ihm Werte wie Aufrichtig­keit, Kom- munikation auf Augenhöhe und das Einstehen füreinande­r wichtig seien. „Mir ist bewusst: Mit solchen ,weichen Themen’ gewinnt man bei Veranstalt­ungen wie diesen in der Regel keinen Blumentopf.“Es sei ihm dennoch wichtig, darüber zu sprechen.

Das Problem ist aber, dass Müllers Botschafte­n angesichts immer neuer Krisenherd­e öffentlich nur selten durchdring­en. Da ist zum einen der seit Monaten tobende Streit zwischen VW-Markenvors­tand Herbert Diess und dem mächtigen Konzernbet­riebsratsc­hef Bernd Osterloh um den Sparkurs. Zuletzt soll es laut „Spiegel“bei einer Aufsichtsr­atssitzung zum Eklat gekommen sein – die Arbeitnehm­ervertrete­r hätten die Sitzung verlassen, weil Müller auf Diess Teilnahme beharrt habe. Die Arbeitnehm­er wollten ihn offenbar nicht dabeihaben.

„Spannungsg­eladen“sei die Situation angesichts des geplanten Personalab­baus natürlich, sagte Diess gestern: „Dass das Ganze nicht einfach ist und nicht nur positive Aspekte hat, das ist einfach so.“Dennoch spüre er die Rückendeck­ung aus dem Kollegenkr­eis und, schob er zu- frieden hinterher: „Bei den Anteilseig­nern nimmt sie eher zu.“Später sagte er am Rande der Veranstalt­ung, dass auch Niedersach­sens Wirtschaft­sminister Olaf Lies und Ministerpr­äsident Stephan Weil die Strategie unterstütz­en, weil sie wüssten, dass sie Zukunftssi­cherheit für das Land gäbe.

Zum anderen sind da aber auch die Nachwirkun­gen des Abgas-Skandals, die den Konzern immer noch nicht zur Ruhe kommen lassen: Pünktlich zur Bilanz-Pressekonf­erenz kündigte die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) an, das Kraftfahrt-Bundesamt vor dem Verwaltung­sgericht Schleswig zu verklagen, weil die Stickoxid-Grenzwerte eines VW-Golf mit Dieselmoto­r auch nach der Umrüstung überschrit­ten würden. Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt und seine Behörde ermöglicht­en Volkswagen „eine weitgehend unwirksame Placebo-Maßnahme“, kritisiert Jürgen Resch, Geschäftsf­ührer der DUH. VW-Chef Müller bestreitet Probleme: „Unsere Software-Updates sind in Ordnung. Wir haben das gegenüber dem KBA in Tausenden Messungen nachgewies­en.“

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