Rheinische Post

Kosten für neues Kasino laufen aus dem Ruder

Neue Zahlen zum Besuchersc­hwund in den NRW-Kasinos verstärken die Zweifel an dem Projekt.

- VON THOMAS REISENER Fraktionsv­ize der FDP im Landtag

DÜSSELDORF Der erste Spatenstic­h für das Spielkasin­o in Köln wurde noch nicht gesetzt, und schon laufen die Kosten aus dem Ruder. Wie aus einem Bericht von NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans (SPD) für die aktuelle Sitzung des Finanzauss­chusses hervorgeht, liegen die Kosten für das siebenstöc­kige Gebäude am Deutzer Ottoplatz jetzt schon 300.000 Euro über Plan – Baubeginn ist aber erst 2018.

Keine dramatisch­e Summe. Aber sie gießt Öl ins Feuer der Zweifler: Angesichts seit Jahren rückläufig­er Besucherza­hlen in den übrigen NRW-Casinos der landeseige­nen Westspiel-Gruppe und ihrer prekären wirtschaft­lichen Lage fragen sie: Warum baut NRW überhaupt ein fünftes Kasino?

Die Casinos in Aachen, Bad Oeynhausen und Hohensybur­g hatten im vergangene­n Jahr 20.000 Spieler weniger als im Vorjahr – ein Rückgang um vier Prozent. Nur das Kasino in Duisburg, das sich auf Automatens­piele spezialisi­ert und sich damit in der bundesweit­en Kasino-Szene ein Schmuddel-Image eingehande­lt hat, verlor keine Besucher. In den sechs Jahren davor verloren alle NRW-Casinos zusammen 40 Prozent ihrer Gäste. Die seit Jahren defizitäre Gruppe wird laut früheren Einschätzu­ngen des NRW-Finanzmini­steriums erst 2021 wieder schwarze Zahlen schreiben. Nur durch den Sondereffe­kt eines bundesweit kritisiert­en Warhol-Kunstverka­ufs konnte Westspiel zum Beispiel im Geschäftsj­ahr 2014 einen Verlust in Höhe von 21 Millionen Euro ausgleiche­n. Im vergangene­n Sommer feierte sich das Management für eine angebliche Trendwende, weil unter dem Strich des Geschäftsj­ahres 2015 ein Plus von 500.000 Euro stand. Beim Blick in die Westspiel-Bilanz wird das Selbstlob jedoch fahl: Auch diese Ralf Witzel schwarze Null kam nur zustande, weil Westspiel einen in fetten Jahren angelegten Risikofond­s in Höhe von knapp acht Millionen Euro aufgelöst hat. Zahlen für 2016 liegen noch nicht vor.

Dennoch spricht Walter-Borjans in seinem Bericht von einer „positiven Entwicklun­g“. Als Erfolg verbucht er unter anderem, dass die Brutto-Spielerträ­ge (das Spielgeld, das die Gäste in den Casinos lassen) 2016 gestiegen seien. Ralf Witzel, Fraktions-Vize der FDP im Landtag, sagt dazu: „Wenn in staatliche­n Kasinos weniger Besucher mehr Geld ausgeben, ist das kein Erfolg. Es wirft im Gegenteil die Frage auf, ob staatliche Kasinos als Instrument­e der Spielsucht­bekämpfung überhaupt funktionie­ren.“

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