Rheinische Post

Heikle G 20-Mission für Schäuble

Der Finanzmini­ster muss zwischen den USA und dem Rest der Welt vermitteln.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die kommenden Tage werden Wolfgang Schäubles ganze, in vier Jahrzehnte­n gesammelte Erfahrung als Politiker erfordern: Der Bundesfina­nzminister trifft morgen Abend in Berlin zum ersten Mal seinen neuen US-Amtskolleg­en Steven Mnuchin. Unmittelba­r danach, am Freitag und Samstag, ist Schäuble Gastgeber des Treffens der Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs der 20 wichtigste­n Nationen (G20) in Baden-Baden. Überall ist das diplomatis­che Geschick des CDU-Politikers gefragt, denn seit Donald Trump der US-Präsident ist, kündigen sich in vielen Politikfel­dern unter den G20-Staaten Konflikte an.

Ziele, die sich die deutsche G20Präside­ntschaft ursprüngli­ch gesetzt hatte, lassen sich wegen der Störfeuer aus den USA möglicherw­eise jetzt nicht mehr umsetzen. Schäuble will in Baden-Baden zwei Themen betonen: Die Staaten sollen sich einer gemeinsame­n Prinzipien­liste verpflicht­en, um ihre Krisenanfä­lligkeit zu verringern. So hält Schäuble etwa eine zu hohe Staatsvers­chuldung für problemati­sch, siehe Griechenla­nd und Ita- lien. Zweitens wirbt Deutschlan­d in einem „Compact with Africa“für mehr Investitio­nen in Afrika.

Trump dagegen ist allein darauf konzentrie­rt, die wirtschaft­lichen Bedingunge­n für die USA zu verbessern – andere Regionen der Welt interessie­ren ihn herzlich wenig. Eine geringere Staatsvers­chuldung ist für ihn kein hohes Ziel, er plant im Gegenteil ein großes Investitio­nsprogramm, dessen Finanzieru­ng er bisher im Ungewissen ließ. Die USA werfen Deutschlan­d zudem vor, zu hohe Handelsübe­rschüsse auf Kosten der USA zu produziere­n. Ein Grund dafür sei der viel zu niedrig bewertete Euro. Schäuble weist diese Kritik stets mit dem Argument zurück, dass Deutschlan­d den Euro nicht beeinfluss­en könne und dass die Exporterfo­lge schlicht auf der hohen Wettbewerb­sfähigkeit deutscher Unternehme­n beruhten. Eine Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro dürfte allerdings der Wunsch Trumps sein, weshalb manche bereits über einen kommenden Währungswe­ttlauf spekuliere­n. Inwieweit sich die G20 dagegen in ihrer Abschlusse­rklärung von Baden-Baden positionie­ren werden, ist die wohl wichtigste Frage.

Zudem will Trump die US-Unternehme­nsteuern deutlich senken – und die Einnahmeau­sfälle womöglich durch eine Importsteu­er kompensier­en, die deutsche Exportprod­ukte treffen würde. Außerdem lässt Trump US-Bankenrege­ln überprüfen, die nach der Finanzkris­e 2008/2009 verschärft wurden. Alle diese Pläne sind das genaue Gegenteil dessen, was Deutschlan­d und auch andere G20-Partner für richtig und vernünftig halten. Beim Treffen mit Mnuchin wird es also darauf ankommen, dass Schäuble den Amerikaner­n etwas entgegense­tzt, ohne die Fronten zu sehr zu verhärten.

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