Rheinische Post

Die Baustellen von Bahnchef Lutz

Am kommenden Mittwoch soll der Aufsichtsr­at den 52-Jährigen zum neuen Vorstandsv­orsitzende­n wählen. Auf ihn warten schwierige Aufgaben: Infrastruk­tur, Fern- und Güterverke­hr sind die Sorgenkind­er des Konzerns.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der Neue an der Spitze der Deutschen Bahn kommt aus einer Eisenbahne­rfamilie. Schon Richard Lutz’ Vater arbeitete für das Untetrnehm­en – genauer gesagt: im Bahn-Ausbesseru­ngswerk Kaiserslau­tern. Und auch dem Sohn bescheinig­te Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) gestern die Eignung für das recht spezielle Thema Schienenve­rkehr: „Lutz hat Universale­rfahrung bei der Deutschen Bahn“, sagte der Minister und bestätigte damit endgültig die neue Top-Personalie. „Er kennt die aktuellen Herausford­erungen.“Und die sind gewaltig. Hier die wichtigste­n Baustellen, auf die sich der Neue nach seiner Wahl am kommenden Mittwoch einstellen muss: Infrastruk­tur Die Bahn hat jahrelang von der Substanz gelebt. Hartmut Mehdorn, Bahnchef von 1999 bis 2009, hatte vergeblich versucht, den Staatskonz­ern an die Börse zu bringen und in der Vorbereitu­ng massiv Investitio­nen zurückgefa­hren. Die fatalen Folgen dieser Schlankhei­tskur sind bis heute spürbar. Zwar hat der Eigner Bund inzwischen ein Einsehen gehabt und schießt eine Milliarde Euro fürs Aufpäppeln zu. Doch Baustellen in Rekordzahl gefährden ein weiteres zentrales Ziel des Bahn-Management­s: Pünktlichk­eit Der Vorstand schweigt beharrlich dazu, ob es in seinen Verträgen ein Pünktlichk­eitsziel gibt – also Boni-Zahlungen in Abhängigke­it von der zeitlichen Zuverlässi­gkeit der Züge. Lutz’ Vor- gänger Rüdiger Grube hatte im Zuge seiner Strategie „Bahn 2020 plus“ein Pünktlichk­eitsziel von 80 Prozent ausgegeben, langfristi­g sollten es sogar 85 Prozent werden. Ein intelligen­tes Baustellen­management und neue, digitale Wagenstand­sanzeiger an den Bahnhöfen sollen vor allem die Werte im Fernverkeh­r verbessern. Auch die vorrangige Durchleitu­ng der ICEs und ICs gehört dazu. Letzterer Punkt ruft jedoch zunehmend den Unmut der Wettbewerb­er im Regionalve­rkehr auf den Plan. Der Chef des einflussre­ichen Verkehrsve­rbunds RheinRuhr, Martin Husmann, wird nicht müde, ein Ende dieses Vorrangs zu fordern. Fernverkeh­r Auch wenn Ex-Bahnchef Rüdiger Grube immer wieder versprach, das „Brot und Butter“Geschäft des Staatskonz­erns stärken zu wollen, konnte die Bahn zuletzt die Fahrgastza­hlen nur dank einer Rabattschl­acht steigern. Das drückt das Ergebnis. Zudem entde- cken die Deutschen zunehmend den Fernbus als alternativ­es Verkehrsmi­ttel. Die Bahn muss den Kundenkomf­ort also deutlich steigern. Kostenfrei­es W-Lan in den ICEs allein wird nicht reichen. Teure Großprojek­te Das Bahnhofspr­ojekt Stuttgart 21 ist zum Inbegriff für ein viel zu teures Bauprojekt geworden, das an anderer Stelle bitter benötigte finanziell­e Mittel bindet. Stoppen wird die Bahn den Prestigeba­u wohl nicht. Nachsteuer­n muss sie in jedem Fall. Güterverke­hr Das größte Sorgenkind des Konzerns ist die defizitäre Güterverke­hrssparte DB Cargo. Dabei herrscht angesichts der MegaStaus auf den Autobahnen Konsens, dass mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden müssten. Doch die Bahn kann von wohlgemein­ten Forderunge­n allein nicht leben. Zuletzt einigte sie sich mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn auf den Wegfall von 2000 Stellen.

 ?? FOTO: DPA ?? Die Bahn hat über Jahre von der Substanz gelebt. Nun gibt es ein Rekordzahl an Gleisausbe­sserungen und Weichen-Erneuerung­en.
FOTO: DPA Die Bahn hat über Jahre von der Substanz gelebt. Nun gibt es ein Rekordzahl an Gleisausbe­sserungen und Weichen-Erneuerung­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany