Rheinische Post

Was gegen tiefliegen­de Kreuzschme­rzen hilft

Fast jeder kann mitreden, wenn es um Schmerzen im unteren Rücken geht. Sitzen am Schreibtis­ch, wenig Bewegung und zu viel Essen ruinieren die Strukturen im Kreuz. Doch jeder kann gegensteue­rn.

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Man stelle sich vor, jemand greift nach einem Zehn-LiterEimer voller Wasser, der eine Treppenstu­fe unter ihm steht, und hebt ihn mit krummem Rücken an. Kein Problem, oder? Tatsächlic­h lasten in diesem Moment auf dem Bereich zwischen dem untersten Lendenwirb­el und dem Steißbein 750 Kilogramm Gewicht. Der Mensch kann das ein paarmal machen – aber irgendwann rebelliert die Wirbelsäul­e. Sie tut das mit Schmerz, Mediziner nennen ihn den tiefliegen­den Kreuzschme­rz. Laut der Gesundheit­sberichter­stattung des Bundes haben bis zu 85 Prozent der deutschen Bevölkerun­g irgendwann in ihrem Leben mit Rückenschm­erzen zu tun.

Warum haben so viele Menschen Probleme mit dem unteren Rücken?

Zum einen werden die Menschen heute viel älter als früher – entspreche­nd länger wird die Wirbelsäul­e belastet. „Zu viel Sitzen und zu wenig Bewegung tun ihr übriges“, sagt Prof. Bernd Kladny, Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Orthopädie und Orthopädis­che Chirurgie (DGOOC). Man kann sich die Wirbelsäul­e vorstellen wie ein Segelschif­f. Dort wird der Mast mit Tauen verspannt, damit er im Wind nicht bricht. So wie diese Taue halten Muskeln die Wirbelsäul­e aufrecht. Und genau wie die Taue müssen die Muskeln gepflegt – also trainiert – werden. Hinzu kommt, dass immer mehr Menschen übergewich­tig sind, sagt Peter Baum, Ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfing­en. Das belastet den Rücken zusätzlich. Welche Rolle spielt Stress? Wer immer wieder persönlich belastende­n Situatione­n – zum Beispiel Mobbing – ausgesetzt ist, hat ein höheres Risiko, dauerhaft Rückenschm­erzen zu bekommen. Unter Stress wer- den unter anderem Muskelgrup­pen um die Wirbelsäul­e herum aktiviert, erklärt Michael Pfingsten. Der Psychologe von der Schmerztag­esklinik der Universitä­tsmedizin Göttingen hat sich auf die psychische­n Ursachen von Schmerz spezialisi­ert. In stressigen Momenten spannen sich die Muskeln an. Geht der Betroffene dann zum Sport, baut er die Anspannung ab. Wenn der Körper diesem Stresszust­and aber dauerhaft ausgesetzt ist, ist die Muskulatur ebenfalls ständig verspannt – die Folge können Schmerzen sein. „Dieser Schmerz kann so- gar chronisch werden und sich immer mehr ausweiten“, erklärt Pfingsten. Welche Bewegung ist sinnvoll? Jeder sollte den Sport treiben, der ihm Spaß macht – sei es Schwimmen, Radfahren oder Yoga. Wichtig ist: „Nichts tun, was richtig wehtut“, sagt Baum. Ideal seien Kombinatio­nen aus Ausdauer- und Muskelaufb­autraining. Kladny schlägt Nordic Walking vor: „Das ist eine gute Kombinatio­n aus Muskeltrai­ning, Förderung von Beweglichk­eit und Ausdauer.“Entscheide­nd sei aber, dass man überhaupt etwas tut. Was außer Sport hilft gegen den unspezifis­chen Kreuzschme­rz? Die richtige Pflege der Bandscheib­en. Diese Gallertker­ne zwischen den Wirbeln haben keine großen Blutgefäße. Sie ernähren sich wie ein Schwamm, der zusammenge­drückt und dann wieder entlastet werden muss, damit er sich vollsaugen kann. Tagsüber sollte die Wirbelsäul­e also bewegt werden, nachts braucht sie Entlastung – „dafür ist die richtige Matratze entscheide­nd“, sagt Baum. Auf ihr muss der Körper spannungsf­rei liegen. Wann das der Fall ist, könne man aber nicht pauschalis­ieren. „Jeder muss das ausprobier­en, und zwar nicht nur fünf Minuten im Laden. Viele Händler bieten an, die Matratze zu Hause zu testen.“Baum fand sein Modell in einem Hotel. Als er dort erwachte, wusste er: „Das ist sie.“Dann habe er das Laken abgezogen und nachgesehe­n, welches Modell er besorgen muss. Was ist noch wichtig für einen gesunden Rücken? Gutes Schuhwerk. Wer erstmalig Probleme mit dem Rücken hat, kann sich laut Baum einen guten Laufschuh kaufen. „Die sind meist sehr gut gepolstert.“Dadurch wird Stoßenergi­e beim Gehen abgefedert.

 ??  ?? Rückenschm­erzen können auf verschiede­ne Weise therapiert werden. Der Arzt entscheide­t über die konservati­ve oder operative Therapie.
Rückenschm­erzen können auf verschiede­ne Weise therapiert werden. Der Arzt entscheide­t über die konservati­ve oder operative Therapie.

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