Rheinische Post

Warten auf Löw

Sandro Wagner und Lars Stindl gehören zu den besten deutschen Bundesliga­profis. Ein Länderspie­l-Einsatz fehlt noch.

- VON CHRISTOPH WÖTZEL

DÜSSELDORF (dpa) In einem Atemzug mit Fritz Walter oder Bert Trautmann genannt zu werden, ist für einen Fußballer normalerwe­ise ein Ritterschl­ag. Lars Stindl und Sandro Wagner hoffen jedoch, dies für sich bald zu ändern. Wenn Bundestrai­ner Joachim Löw heute seinen Kader für die ersten Länderspie­le des Jahres gegen England am kommenden Mittwoch in Dortmund (20.45 Uhr/ARD) und vier Tage später in Aserbaidsc­han benennt, gelten beide als mögliche Kandidaten – wieder einmal.

Damit könnten sie mit fast 30 Jahren von der Liste der besten NichtNatio­nalspieler verschwind­en. Zu der gehören auch Torhüter-Legende Trautmann. Und auch Fritz Walter. Der jüngere freilich, der für Mannheim, Stuttgart und Bielefeld in der Bundesliga spielte – nicht der Kapitän der 1954er-Weltmeiste­r.

„Ich bin in meinen Augen seit einiger Zeit mit Abstand der beste deutsche Stürmer“, hatte der 28 Jahre alte Wagner kürzlich behauptet. Löw sah das bisher anders und nominierte den U-21-Europameis­ter von 2009, dessen Karriere lange stockte und erst im Vorjahr bei Darmstadt 98 wieder auf Touren kam, noch nicht. Im Januar bezeichnet­e der Bundestrai­ner eine Nominierun­g Wagners als „durchaus denkbar“. Im Nationalte­am würde der Hoffenheim­er auf bekannte Gesichter treffen: Gemeinsam mit Manuel Neuer, Mesut Özil, Mats Hummels und Sami Khedira holte er 2009 den Juniorenti­tel und schoss beim 4:0-Sieg im Finale gegen England sogar zwei Tore.

Noch deutlicher wurde der Bundestrai­ner bei Stindl (29), den er bereits als Kandidaten für den Confed Cup sieht. Im Sommer in Russland möchte Löw auch Perspektiv­spieler für die WM 2018 testen. „Das wäre eine gute Gelegenhei­t, Lars mal über einen längeren Zeitraum zu sehen“, erklärte er. Eine Garantie für eine Nominierun­g ist das noch nicht. Für den torgefährl­ichen Profi des Bundesligi­sten Borussia Mönchengla­dbach kommt aktuell erschweren­d hinzu, dass ihn ausgerechn­et jetzt muskuläre Probleme an der Hüfte plagen.

Löw ist zudem bekannt dafür, seine Personalpl­anungen nicht von öffentlich­er Meinung lenken zu lassen. Der Weltmeiste­r-Coach stellt das knallharte Kriterium in den Vordergrun­d: Kann ein Spieler das Ni- veau erreichen, um in der absoluten Weltklasse zu bestehen? Bei der Nominierun­g von Debütanten setzt er eher auf deutlich jüngere Akteure wie zuletzt auf den Bremer Serge Gnabry (21) oder den Leverkusen­er Benjamin Henrichs (20). In einem vom DFB im November veröffentl­ichten erweiterte­n Kader mit 34 Spielern tauchten Wagner und Stindl nicht auf.

Gladbachs neuer Trainer Dieter Hecking bescheinig­t dem vor der Blessur treffsiche­ren Stindl, der in den Juniorente­ams des DFB nur viermal spielte, jedenfalls „überragend­e Fähigkeite­n“. Die reichten für manch anderen in der langen Länderspie­lgeschicht­e aber auch nicht. So ist Trautmann in England eine Legende, seit er 1956 beim FA-CupSieg von Manchester City trotz eines Halswirbel­bruchs im Finale durchspiel­te. Ein Angebot von Schalke 04 lehnte er ab, und Bundestrai­ner Sepp Herberger setzte keine Legionäre ein. Zum Team gehörte Trautmann aber 1954 – als Übersetzer beim Spiel in England.

Thomas von Heesen war Stammspiel­er des Hamburger SV beim Europacups­ieg 1983, schaffte es aber nur zu einer Nominierun­g für die Bank. Fritz Walter, der Jüngere, durfte das Trikot nur bei den Olympische­n Sommerspie­len 1988 in Seoul tragen. Obwohl er mit der Bronzemeda­ille nach Hause kam und stolze 157 Bundesliga-Tore erzielte, wurde er nie als gut genug für das ATeam erachtet.

Was für Stindl und Wagner als gutes Omen gelten könnte: Auch manch spät Nominierte­r feierte noch große Erfolge. Stefan Kuntz, der erst mit 31 zum Debüt kam, holte 1996 den EM-Titel. Roman Weidenfell­er, von Löw lange ignoriert, spielte gar mit 33 erstmals in der Nationalel­f und wurde 2014 als Ersatztorw­art Weltmeiste­r.

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FOTO: DPA Vielleicht ruft Bundestrai­ner Joachim Löw ja doch mal an: Hoffenheim­s Sandro Wagner im Dialog mit den Fans im Stadion.

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