Prokops schwere Mission
Der Schatten des Vorgängers Sigurdsson ist groß, doch der neue Handball-Bundestrainer freut sich auf die Herausforderung.
DÜSSELDORF Von der guten Arbeit profitiert auch der Deutsche Handballbund (DHB). Jetzt schon. Im Vertrag mit Christian Prokop steht als Arbeitsbeginn der 1. Juli. Da der 38-Jährige mit DHfK Leipzig den Klassenerhalt so gut wie sicher hat, erlaubte der Bundesligist seinem Cheftrainer den vorzeitigen Abstecher zum Nationalteam. Und so versucht Prokop seit Mittwoch, seinen Spielern zu vermitteln, was er von ihnen erwartet. Natürlich wären Siege gegen Schweden am Samstag in Stockholm und tags darauf beim zurück in die Weltspitze, mit dem EM-Titel und Olympia-Bronze im vergangenen Jahr als Höhepunkten. Das Aus im WM-Achtelfinale im Januar gegen Katar war eine große Enttäuschung, schmälert aber die Leistung des nach Japan gewechselten Sigurdsson nicht.
Auch Prokop hatte kaum jemand auf dem Radar. Der aus Köthen in Sachsen-Anhalt stammende Handballlehrer will verfeinern, was ihm sein Vorgänger hinterlassen hat. „Wir wollen attraktiven und emotionalen Handball spielen“, sagt er. Internationale Erfahrung hat Prokop, der sich als variantenreicher und emotionaler Coach beschreibt, nicht. Für Hanning kein Ausschlussmerkmal. Er traut Prokop den Job zu.
Dank der inzwischen intensiven Nachwuchsförderung der Klubs existiert „ein Riesenpool an qualitativ hochwertigen Spielern“, lobt Prokop. Deshalb verzichtet er bei seinem Debüt auf die Profis des THW Kiel und der Rhein-Neckar Löwen, die am kommenden Mittwoch im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League aufeinandertreffen. „So rücken Spieler der zweiten und dritten Reihe in den Vordergrund“, stellt der neue Chef klar.
Bob Hanning sieht den Handball hierzulande gut aufgestellt. Zwar gebe es inzwischen einige europäische Klubs, die finanziell mehr bieten können, doch „noch immer spielen 80 Prozent der Topstars bei uns. Mir würden auch 50 Prozent reichen und dass die Topstars aus Deutschland kommen. Unser Niveau ist so gut, dass ich mir keine Sorgen machen muss“, sagt er.
Fortschritte gebe es auch bei den deutschen Trainern, die bei europäischen Topklubs vergeblich gesucht werden – mit Ausnahme von Noka Serdarusic, der aber erst seit Mai 1998 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, in Paris. „Wir haben durch Michael Neuhaus in der Qualität der Trainerausbildung eine deutliche Steigerung erzielt. Als ich Dagur verpflichtete, fiel mir kein deutscher Trainer ein, der das Entwicklungspotenzial hatte, etwas aufzubauen. Jetzt haben wir viele, die einen guten Job machen. Diesmal haben wir zwischen Christian Prokop und Markus Baur gewählt, zwei jungen Deutschen. Ich glaube, dass wir auch da auf einem guten Weg sind“, ergänzt Hanning. Aber auch ihm ist klar: Letztlich zählen die Ergebnisse.