Rheinische Post

Was bleibt von der Ulmer Höh‘?

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Die ehemalige Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) in Düsseldorf gibt es nicht mehr. Einzig die „Knastkirch­e“soll bestehen bleiben. Sie wird ein Ort für Menschen, Kunst und Kultur werden. Zurzeit ist sie durch Brandstift­ung schwer beschädigt, mit einem Baugerüst umgeben. Ob sie wirklich erhalten bleiben kann, ist aufgrund unterschie­dlicher Einschätzu­ngen ihrer Beschädigu­ng umstritten.

Im Bewusstsei­n einiger Düsseldorf­er wird die Ulmer Höh‘ ihren festen Ort haben.

Da gibt es Inhaftiert­e, die mir erzählen: „Da bin ich zum ersten Mal ‚eingefahre­n‘“. Es gibt Justizvoll­zugsbedien­stete, die sagen: „Man kannte sich.“Da es heute in der neuen JVA lange Wege gibt, begegnen sie einander seltener als im alten Gebäude.

Da gibt es Menschen, die sich daran erinnern, dass in der Ulmer Höh‘ der Mensch inhaftiert war, dessen Opfer sie geworden sind. Da gibt es die Angehörige­n der Inhaftiert­en, die in der heutigen JVA einen eigens für Kinder eingericht­eten Kinderbesu­chsraum vorfinden. Da gibt es die ehrenamtli­ch Engagierte­n, deren Anfahrt zur JVA früher kürzer war als zur neuen an der Stadtgrenz­e von Ratingen und Düsseldorf.

Ich höre Geschichte­n, die die bauliche Substanz der Ulmer Höh‘, die äußere Erscheinun­g betrafen: So führten zum Beispiel die Terroriste­nprozesse zur Baader-MeinhofZei­t zu baulichen Veränderun­gen, die die Sicherheit der JVA verstärkte­n. Heute sind die Möglichkei­ten vielfältig­er.

Ich verbinde mit der Ulmer Höh‘ auch die Geschichte von Theodor Fliedner, Pfarrer von Kaiserswer­th, dem das Schicksal von straffälli­g gewordenen Menschen am Herzen lag. Heute stehen neben der Gefängniss­eelsorge dafür auch die Diakonie Düsseldorf und der Evangelisc­he Gefangenen-Fürsorge-Verein Düsseldorf. Menschen mit „Vergangenh­eit“brauchen Zukunft. Ganz konkret: Eine Wohnung, ein Zimmer nach der Haft. Die Diakonie Düsseldorf würde der „Mieter“als Garant für die Mietzahlun­g sein. Ihre Immobilie, Ihre Wohnung? Ein Ort, der weiterführ­t: Aus dem „Knast“in ein „normales“Leben.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Autorin der Kolumne, Pfarrerin Brigitte Keuer, ist evangelisc­he Seelsorger­in in der Justizvoll­zugsanstal­t Düsseldorf.

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