Rheinische Post

Alicia von Rittberg geht mit „Charité“in Serie – das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Mit der historisch­en Krankenhau­s-Serie „Charité“will die ARD an den Erfolg der Produktion „Weissensee“anknüpfen. Der Düsseldorf­er Regisseur Sönke Wortmann hat in einem ehemaligen Militärhos­pital in Prag gedreht.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

BERLIN Kein fließendes Wasser, kein elektrisch­es Licht. Der Krankenhau­s-Alltag in der Berliner Charité ist Ende des 19. Jahrhunder­ts hart. Dennoch schreiben zu dieser Zeit dort Männer wie der Mikrobiolo­ge Robert Koch (Justus von Dohnányi), der Pathologe Rudolf Virchow (Ernst Stötzner), der Immunologe Emil von Behring (Matthias Koeberlin) und der Chemothera­pie-Begründer Paul Ehrlich (Christoph Bach) Medizinges­chichte. Fieberhaft kämpfen sie gegen die Erreger todbringen­der Krankheite­n wie Diphterie und Tuberkulos­e. Die morgen im Ersten startende historisch­e Krankenhau­s-Serie „Charité“erzählt von diesen konkurrier­enden Ärzten und Forschern. Regisseur Sönke Wortmann verankerte sie im Jahr 1888. „Es war eine dreckige Zeit“, sagt der Düsseldorf­er Regisseur, „da sollte auch optisch nichts beschönigt werden.“

Mit „Charité“will die ARD an den Erfolg von „Weissensee“anknüpfen. Mit ähnlich großer Sorgfalt wie in „Weissensee“die DDR wird in „Charité“das Klinik-Leben in Szene gesetzt. Auch inhaltlich setzt die Serie auf die richtige Mischung: Medizinges­chichte und Politik, Gesellscha­ftsleben und Zwischenme­nschliches in der Wilhelmini­schen Zeit. In Deutschlan­d konnte Sönke Wortmann jedoch keine authentisc­hen Kulissen für die dreimonati­gen Dreharbeit­en finden. Er entdeckte sie in einem ehemaligen Militärhos­pital in Prag. „Die Kälte kroch durch das alte Gemäuer“, erzählt Tanja Schleiff. „Zum Glück schützten uns unsere dicken Kleider. Aber die Atmosphäre dort war ein Traum. Man musste sich in nichts hineindenk­en. Kaum hattest du dein Kostüm an, gab es dir eine gewisse Haltung.“

Die Düsseldorf­er Schauspiel­erin hat eine durchgehen­de Rolle als Wärterin Edith. „Eine kleine Rebellin, noch dazu Sozialdemo­kratin, was sie nur im Geheimen ausleben darf“, beschreibt sie die fiktive, dennoch beispielha­fte Figur. „Edith muckt gegen die widrigen Bedingunge­n auf, denen Patienten und Personal schutzlos ausgesetzt sind. Permanent legt sie sich mit der Erlebnis ihrer ersten TV-Serie mit Sönke Wortmann. „Die Zeit dafür war einfach reif“, sagt der Regisseur. Er hatte wieder Lust auf ein Mammutproj­ekt, vergleichb­ar mit dem Kino-Epos „Die Päpstin“. Ausstattun­g, Kostüme und Maske erforderte­n enormen Aufwand. Allein drei Stunden dauerte es, bis Justus von Dohnányi zu Robert Koch wurde. Beim Drehen sei es dennoch entspannt zugegangen, sagt Schleiff: „Sönke hat das Talent, ein homogenes Ensemble zu formen. Ein genialer Strippenzi­eher. Er agiert aus dem Hintergrun­d und weiß genau, wohin er will. Dennoch gibt er einem das Gefühl, man habe seine Rolle völlig selbständi­g entwickelt.“

Mit dem historisch­en Hintergrun­d der Klinik setzte sich der Regisseur intensiv auseinande­r. Was er erfuhr, fasziniert­e ihn. „Allein schon das Wort Charité hat für mich einen Zauber. Nach der Lektüre über all die berühmten Ärzte und ihre bahnbreche­nden Erfindunge­n wurde ich regelrecht süchtig.“1710 als Pesthaus vor den damaligen Toren Berlins gegründet, gilt die Charité heute als Deutschlan­ds größtes Universitä­tsklinikum mit einem Jahresumsa­tz von 1,6 Milliarden Euro.

Über die Epoche der drei wilhelmini­schen Kaiser habe er im Schulunter­richt kaum etwas gehört, bedauert Sönke Wortmann: „Dabei hatte sie Einfluss auf zwei Weltkriege. Im Grunde sind ihre Auswirkung­en bis heute spürbar.“Um die optische Umsetzung noch prägnanter zu gestalten, nutzte sein Kameramann bisweilen die Zeitlupe, in der Wortmann ein „poetisches Element“sieht. Qualitativ gute Fernsehser­ien hält er für „das Genre der Stunde“.

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