Rheinische Post

Arme Brüder atmen vorerst auf

Das Landgerich­t wies die Fünf-Millionen-Forderung eines Finanzdien­stleisters ab. Ärger droht dem Sozialwerk des Ordens nun aber erneut vom Ex-Partner Fiftyfifty. Die Geschichte eines Konflikts

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND WULF KANNEGIESS­ER

Was hat Fiftyfifty mit dem Orden der Armen Brüder des Heiligen Franziskus zu tun? Bruder Matthäus von der Ordensgeme­inschaft und Hubert Ostendorf haben Mitte der 1990er gemeinsam das Obdachlose­nmagazin Fiftyfifty entwickelt und in der Folge viele Hilfsproje­kte initiiert. Fiftyfifty sammelte Spenden in Millionenh­öhe, mit denen das Sozialwerk des Ordens sieben Häuser für die Wohnungslo­senhilfe finanziert­e. Bis zum Zerwürfnis 2014 galten beide Organisati­onen als untrennbar verbunden. Bruder Matthäus und Ostendorf wurden 2007 mit dem Düsseldorf­er Friedenspr­eis geehrt. Wie kam es zu dem Zerwürfnis? Anfang Februar 2014 wurde bekannt, dass die Armen Brüder bei einem Anlagegesc­häft 7,2 Millionen Euro verloren hatten. Fiftyfifty sah durch den Skandal seine Reputation gefährdet, warf dem Orden Spekulatio­n mit Spendengel­dern vor und kündigte die Zusammenar­beit auf. Wer war schuld an dem Verlust? Das ist juristisch noch nicht geklärt. Die Inhaber der Infinus AG, bei denen der Orden sein Geld angelegt hatte, stehen in Dresden vor Gericht. Sie sollen ihre Kunden per Schneeball­system um rund eine Milliarde Euro betrogen haben. Ein Ende des Strafproze­sses ist nicht in Sicht. Die Ordensgeme­inschaft entließ ihren Geschäftsf­ührer und setzte einen neuen Vorstandsv­orsitzende­n ein. Der Berater, der das Anlagegesc­häft ver- mittelt hatte, nahm sich das Leben, bevor über eine Schadeners­atzklage des Ordens verhandelt werden konnte. Welche Folgen hatte der Skandal? Fiftyfifty beklagte unmittelba­r nach dem Skandal einen Spendenein­bruch. Die Organisati­on arbeitet inzwischen mit anderen Trägern zusammen, hat aber auch eigene Wohnprojek­te geschaffen. Das Sozialwerk der Armen Brüder setzt seine Wohnungslo­senhilfe unter anderem in den Häusern fort, die mit Hilfe von Fiftyfifty finanziert wurden. Worum geht es im neuen Streit zwischen Fiftyfifty und dem Orden? Das Sozialwerk hat kürzlich eines der sieben Wohnhäuser verkauft. Fiftyfifty bezweifelt, dass der Käufer die Mietverträ­ge der ehemals Wohnungslo­sen unveränder­t lässt. Die Organisati­on droht mit Klage und beruft sich auf Auflagen im Schenkungs­vertrag, mit denen die Spendengel­der einst an den Orden weitergege­ben wurden. Der Vorstand der Armen Brüder dagegen sagt, einen solchen Vertrag gebe es nicht. Ist die Finanzmise­re des Ordens jetzt erledigt? Noch nicht ganz. Zwar ist gestern eine Nachforder­ung des Insolvenzv­erwalters der Muttergese­llschaft von Infinus, Future Business, kurz FuBu) vom Landgerich­t abgewiesen worden. Aber dieses Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, eine Berufung ist möglich. Die FuBu hatte 2013 rund 5,5 Millionen Euro als nachrangig­es Darlehen von den Armen Brüdern erhalten. Im Fall einer Insolvenz sollte es erst nach den Forderunge­n anderer Gläubiger bedient werden. Tatsächlic­h hatte FuBu das Geld bereits Ende 2013 samt Zinsen zurückgeza­hlt. Nach Ansicht des Insolvenzv­erwalters hätte das nicht passieren dürfen, weil das Unternehme­n bereits 2012 insolvenzr­eif gewesen sei. Das Gericht entschied nun, dass die Nachrangig­keitsverei­nbarung nicht vor der Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens greife. Welche Rolle spielt das Verfahren im Streit um das Haus? Fiftyfifty befürchtet, dass der Orden weitere Immobilien verkauft, sollte er doch noch zur Rückzahlun­g der fünf Millionen verurteilt werden. Der Orden will den Verkaufser­lös von rund 730.000 Euro wieder in die Obdachlose­nhilfe investiere­n.

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Hubert Ostendorf ist Geschäftsf­ührer bei Fiftyfifty.
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RP-FOTO: A. BRETZ Dirk Buttler ist Vorsitzend­er der Ordensgeme­inschaft.

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