Rheinische Post

An der Kaiserswer­ther Straße sorgt Denkmalsch­utz für Lärm

Asphaltier­en darf die Stadt die Straße nicht, Autos verursache­n viel Krach auf dem Pflaster.

- VON OLIVER BURWIG

Vor knapp zwei Jahren zogen Eva Hattann-Schneider und ihr Mann Hans Schneider aus Spanien wieder nach Deutschlan­d, in eine – nicht ganz billige – Wohnung an der Kaiserswer­ther Straße. Aus der lichtdurch­fluteten Finca sei Hattann-Schneider nur unter der Bedingung ausgezogen, in Düsseldorf eine ebenso schöne Wohnung mit Ausblick zu bekommen. Das Rentner-Ehepaar sagte daher sofort zu, als es die 100 Quadratmet­er große Wohnung im siebten Stock gezeigt bekam. Nur das Rauschen und Poltern der Autos auf dem Granitpfla­ster störte die beiden, doch das sollte nach Angaben einer Maklerin mit dem geplanten Flüsterasp­halt bald passé sein.

Vor kurzem erfuhren die beiden, dass der leise Straßenbel­ag an die- ser Stelle nicht kommen wird – und sich auch schon ihre Nachbarn in den vergangene­n Jahren an dem Denkmalsch­utz die Zähne ausgebisse­n haben.

„Ich kann nicht verstehen, dass eine Straße unter Denkmalsch­utz gestellt wird“, sagt Hattann-Schneider. Die 77-Jährige erzählt von einer Nachbarin, die ergebnislo­s gegen den Schutz des Granitschu­ppenpflast­ers vor den Fenstern des Hauses an der Friedrich-Lau-Straße geklagt hat, nun aber keine Energie mehr hat, sich weiter mit der Stadt auseinande­rzusetzen. „Wir können das aber nicht hinnehmen“, sagt die Rentnerin. Zu keiner Tageszeit könne man den großen Balkon nutzen, den sich das Ehepaar Schneider für die schonen Sonnentage schmuck hergericht­et hat.

Als Schneiders sich vergangene­s Jahr mit dem Bau- und dem Denkmalsch­utz auseinande­rsetzten, erfuhren sie, dass die Kaiserswer­ther Straße mit ihren muschelart­ig verlegten Granitpfla­stersteine­n vom Reeser bis zum Freiligrat­hplatz seit April 2009 als historisch­e Prachtstra­ße aus der Nazizeit geschützt ist und der von vielen geforderte Flüsterasp­halt nicht kommen wird. „Wenn es um Geld geht: Die dringend notwendige Reparatur des Pflasters kann auch sehr teuer werden“, mutmaßt Hattann-Schneider.

Besonders ärgerlich sei, dass der Übergang von normalem Asphalt auf das historisch­e Pflaster am Reeser Platz demonstrie­re, wie leise es sein könnte, wenn auch auf dem Rest der Kaiserswer­ther Straße eine moderne Decke aufgetrage­n wäre. „Bis dahin ist das nur ein leichtes Rauschen, das hören Sie gar nicht“, sagt die 77-Jährige. Auf der breiten Straße vor ihrem Balkon komme neben der huckeligen Fahrbahn noch ein weiterer Lärmfaktor hinzu: „Hier fahrt auch kaum jemand 50, meistens eher 60.“

Aus der überhöhten Geschwindi­gkeit leiteten sie und ihr Mann eine Idee ab, wie dem lauten Pflaster zumindest in Teilen beizukomme­n ist, wenn schon nicht durch neuen Asphalt: „Man bräuchte nur die kleine 22-bis-6-Uhr-Platte unter dem Tempo-30-Schild abschraube­n und hätte das Problem gelöst“, sagt Schneider. Denn auf der Straße vor ihrem Haus gilt nachts schon jetzt eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung, die sich das Ehepaar auch tagsüber wünscht. Wichtig sei, dass das Tempo auch kontrollie­rt werde, ob durch Stichprobe­n oder stationäre Blitzer, ist den Rentnern egal.

„Ich wäge Denkmalsch­utz gegen Lebensqual­ität ab“, sagt Schneider, der der Stadt eine falsche Gewichtung der Situation zuschreibt. Seine Frau habe den Tempo-30-Vorschlag auch schon bei der Bürgerbete­iligung zum Lärmaktion­splan II eingebrach­t. Das Ehepaar hofft nun, dass es erreichen, wozu vor Ihnen niemand in der Lage war: ein leiseres Wohnklima zu schaffen, und den Straßenlär­m, dem sie und ihre Nachbarn Tag und Nacht ausgesetzt sind, zumindest einzugrenz­en.

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