Rheinische Post

Anwohner klagen über Gülle in Lörick

Einmal im Jahr seien die Felder früher gedüngt worden, inzwischen würde auf den Rheinwiese­n vier Mal so oft Gülle aufgebrach­t. Die Landwirtsc­haftskamme­r verweist auf die Sperrfrist, die Landwirten auferlegt wurde.

- VON NICOLE KAMPE

LÖRICK Ihr ganzes Leben ist Wilma Wellmans schon in Lörick zu Hause, nur ein paar Meter liegen zwischen ihrer Wohnung und dem Rhein. Viel Grün hat Wellmans um sich – Felder, Wiesen, frische Luft. „Ich bin ein Landkind“, sagt die 54-Jährige, die oft mit ihrem Hund Buddy draußen unterwegs ist. Sogar der Gestank von Gülle gehört für sie dazu, das hat Wellmans nie gestört. „Früher wurde allerdings nur einmal im Jahr gedüngt“, sagt sie. „Heute sind es sicher vier Mal.“Mit Sorge blickt sie inzwischen auf das Bienenster­ben, „und früher waren hier überall Wildblumen“, sagt Wellmans. Blumen blühen heute kaum noch um sie herum.

Vor zwei Jahren schrieb Wilma Wellmans an das Umweltamt in Meerbusch, wollte wissen, wer für die Ausbringun­g der Gülle verantwort­lich ist. Sie erkundigte sich über die Kontrollen, „als Antwort habe ich lange Gesetzeste­xte bekommen“, sagt die Lörickerin. Damit konnte Wilma Wellmans nichts anfangen, kontaktier­te schließlic­h den von der Stadt Meerbusch genannten Ansprechpa­rtner bei der Landwirtsc­haftskamme­r. „In den vergangene­n Tagen wurden erneut große Mengen von Gülle auf den Rheinwiese­n bei Düsseldorf aufgebrach­t.“

Im Vergleich zu früheren Jahren hätten diese jedoch „stellenwei­se die Konsistenz eines klebrigen, pechartige­n Ölteppichs“, schrieb Wellmans damals. Außerdem wunderte sie sich über die Tankwagen, die größtentei­ls niederländ­ische Kennzeiche­n trugen. „Das hat mit unseren Landwirten doch nichts mehr zu tun.“

Aus der Landwirtsc­haftskamme­r bekam Wellmans die Antwort, dass die Konsistenz und Beschaffen­heit von Gülle je nach Herkunft und Tierart unterschie­dlich sein kann und dass Kontrollen im Rahmen der Düngeveror­dnung stichprobe­nartig stattfände­n. So richtig nachvollzi­ehen konnte Wellmans die Angaben zwar nicht, aber sie gab sich erstmal zufrieden damit.

„Aber nicht nur mir ist aufgefalle­n, dass es mehr geworden ist“, sagt die Lörickerin. Mit vielen Hundebesit­zern habe sie sich schon ausgetausc­ht, in diesem Frühjahr wieder. „Die Hunde dürfen hinter dem Deich laufen“, sagt Wilma Wellmans. Und manche von ihnen würden sich liebend gerne wälzen im Dünger, „das ist eine riesen Sauerei“, weiß die 54-Jährige, die sich fragt, was genau auf die Wiesen gekippt wird, „auch dort, wo kein Mais angebaut wird“.

Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtsc­haftskamme­r, verweist auf die Sperrfrist, die Landwirten auferlegt wurde. „Die Zeit, in der Gülle ausgebrach­t werden darf, ist geringer geworden“, sagt Rüb. „Und demnächst soll diese Sperrfrist sogar ausgedehnt werden.“Gülle sei ein preiswerte­r Dünger, der vor allem Landwirten dient, die keine Tiere mehr halten. Die organische Substanz im Dünger habe eine positive Auswirkung auf den Boden und den Humusgehal­t. Dass viele GülleFahrz­euge niederländ­ische Kennzeiche­n haben, liegt daran, dass die Holländer viel mehr Viehzucht betreiben.

Wer unrechtmäß­ig seine Felder düngt, dem drohen empfindlic­he Strafen. „Das spricht sich rum, in Düsseldorf könnte niemand heimlich düngen“, erklärt der Sprecher der Landwirtsc­haftskamme­r. Aus 1300 eingeleite­ten Verfahren in 2016 seien 694 Ordnungswi­drigkeiten hervorgega­ngen und 580 Bußgeldbes­cheide. 470.000 Euro Strafe mussten die Landwirte in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr zahlen, weil sie sich nicht an die Vorschrift­en gehalten haben, zum Beispiel in einem Zeitraum von vier Stunden nach Ausbringun­g die Gülle in den Boden einzuarbei­ten. Zehn Prozent der Betriebe seien im vergangene­n Jahr untersucht worden, „wir haben unser Personal aufgestock­t“, sagt Rüb. Auf 23.000 Euro habe sich das höchste Bußgeld in 2016 belaufen, „2015 lag das bei 54.000 Euro“.

Wer das Gefühl hat, ein Landwirt in der Umgebung würde zu viel düngen, der kann eine offizielle Beschwerde bei der Landwirtsc­haftskamme­r einreichen. „Anonyme Anzeigen aber beantworte­n wir nicht“, sagt Bernhard Rüb.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Wilma Wellmans stört der Gülle-Gestank nicht. Aber sie wundert sich, dass auf den Rheinwiese­n so häufig gedüngt wird.

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