Forró – Brasilien tanzt nicht nur Samba
Der südamerikanische Paartanz gilt in Nordrhein-Westfalen als Geheimtipp. Die Szene steckt ähnlich wie Salsa vor rund 15 Jahren noch in den Kinderschuhen, wächst aber kontinuierlich. Die Grundschritte sind einfach zu erlernen.
SOLINGEN Wer an Brasilien denkt, denkt an Fußball und Samba. Sportlich sind Mitteleuropäer durchaus in der Lage, mit den Kickern aus Südamerika auf höchstem Niveau mithalten zu können. Tänzerisch allerdings macht den Brasilianern so schnell keiner etwas vor, wenn es bei Samba um schnelle Schrittfolgen in Kombination mit Hüft- und Oberkörper-Bewegungen geht. Schritt hinausgezögert wird.“In ihren Workshops beobachtet Regina Rodrigues, dass vor allem die Männer aufatmen, wenn sie erklärt, dass es bei Forró gar nicht so sehr auf die Hüftbewegung ankommt. Was auch damit zu tun hat, dass der Herr sta- bil auf dem Boden bleiben muss. „Mädels, für euch ist es anstrengender, weil ihr stets auf Zehenspitzen tanzt und durch die Gegend gewirbelt werdet“, sagt Rodrigues. Anfängerinnen werden nach der ersten Unterrichtsstunde nicht noch ein- mal den Fehler machen und Schuhe mit Absätzen für den Forró anziehen – auch, um den Partner nicht zu verletzen. Der bewegt sich nämlich – wie viele Frauen auch – oft nur barfuß zur Musik.
Knapp 30 Paare schauen Regina und Kalil Rodrigues bei einem Workshop im Solinger Tanz -Zentrum Kai Koch fasziniert zu, wie sie eng umschlungen über die Tanzfläche gleiten oder später Figuren und Drehungen einbauen, die ähnlich auch im Discofox oder Salsa zu finden sind. „Hemmungen vor Körperkontakt sollte keiner haben“, sagt Regina Rodrigues. In der Grundhaltung lehnen die Tanzpartner ihre Schläfen aneinander. Nicht selten schließen die Frauen die Augen, um sich der Führung des Partners und der Musik zu überlassen. Wenn der Rhythmus von ganz langsam zu extrem schnell variiert, kann Forró auch schweißtreibend sein. „Eigentlich wollen wir unseren Partner nie loslassen. Wir brauchen die Nähe und den Kontakt beim Führen und Folgen, um uns nicht auf die Füße zu treten.“
Regina Rodrigues hat vor drei Jahren erstmals Forró unterricht. „Damals kamen drei Leute, heute sind es im Durchschnitt 20.“Die Szene steckt in den Kinderschuhen und gilt in Düsseldorf, Köln oder Essen als Geheimtipp. Ähnlich wie bei Salsa vor rund 15 Jahren ist die Atmosphäre bei Partys oder Festivals familiär. Die Wahl-Solingerin hat Forró bislang im Rahmen des Hochschulsports an der Heinrich-HeineUniversität in Düsseldorf unterrichtet. Inzwischen werden wie in der „Boteco Carioca“in Düsseldorf auch in einigen südamerikanischen Restaurants oder Bars regelmäßig Tische und Stühle beiseite geräumt, um im brasilianischen Ambiente eine Tanzfläche zu schaffen. „Am schönsten ist es jedoch, unter freiem Himmel Forró zu tanzen“, schwärmt Regina Rodrigues. Im Sommer organisiert sie vier OpenAir-Events mit Livemusik im Düsseldorfer Volksgarten.
Das Publikum ist jung, weswegen kaum jemand den ganzen Abend mit dem gleichen Partner tanzt. Jeder tanzt mit jedem, Fortgeschrittene mit Anfängern, Jung mit Alt. Ein großer Teil, der mit Forró anfängt, belässt es nicht bei einer Tanzstunde pro Woche und gehört schnell zur wachsenden Forró-Familie.