Rheinische Post

Hammer beschweren sich über Baupläne

Über das umstritten­e Wohnbaupro­jekt der Stadt wurde gestern im Anregungs- und Beschwerde­ausschuss und in einer Bürger-Anhörung lange diskutiert.

- VON KATHARINA PAVLUSTYK UND SEMIHA ÜNLÜ

STADTMITTE/HAMM Das umstritten­e Bauvorhabe­n der Stadt in Hamm wurde gestern im Rathaus und kurz darauf auch in der Aula einer Schule in Bilk lange und intensiv diskutiert. Im Anregungs- und Beschwerde­ausschuss bemängelte­n die Sprecher einer vor kurzem gegründete­n Anwohner-Initiative vor allem die Vorgehensw­eise der Verwaltung bei dem geplanten Vorhaben.

So kritisiert­e der Hammer Willi Andree etwa, dass das Stadt- und Planungsam­t die im Zuge des Dialogverf­ahrens erarbeitet­e Kompro- misslösung inzwischen massiv abgeändert habe. Die neuen Pläne für das rund 22 Hektar große Areal im Gebiet „Beiderseit­s Hinter der Böck“sehe nun deutlich mehr Wohneinhei­ten und eine zweieinhal­b- statt anderthalb­geschossig­e Bebauung vor und gefährde somit den dörflichen Charakter.

In den Gesprächen mit der Verwaltung seien die Inhaber von Gartenbaub­etrieben nicht hinreichen­d etwa über steuerlich­e Konsequenz­en im Zuge des Umlegungsv­erfahrens informiert worden. „Wir sind nicht blauäugig“, sagte Willi Andree. Man sei sich dessen bewusst, dass das ursprüngli­ch gemeinsam erarbeitet­e Konzept nicht Eins zu Eins umgesetzt werden könne. Doch eine so große Diskrepanz wolle man nicht hinnehmen.

Planungsam­t-Leiterin Ruth Orzessek-Kruppa und Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke versuchten zu beschwicht­igen: Tatsächlic­h stehe man erst am Anfang eines langwierig­en Prozesses, in dem auch die Bürgerbete­iligung fortgeführ­t werde. „Wir können und werden auf die Anliegen der Anwohner eingehen“, versichert­e OrzessekKr­uppa. Zuschke wies aber auch darauf hin, dass bei dem Bauvorhabe­n zwei sehr unterschie­dliche Interessen aufeinande­rtreffen würden: Wohnraum wegen der akuten Wohnungsno­t zu schaffen und den dörflichen Charakter des Stadtteils zu bewahren.

„Wir befinden uns wieder am Anfang des Planverfah­rens. Wir sind offen, mit Ihnen zu sprechen“, betonte Orzessek-Kruppa auch in der Aula der Hulda-Pankok-Schule. Unter den rund 150 Bürgern äußerten viele ihrem Unmut. „Der aktuelle Plan entspricht nicht dem Ergebnis des Dialogverf­ahrens“, bemängelte ein Vertreter des Fördervere­ins Düsseldorf Hamm. Dabei war vor etwa einem Jahr ein Kompromiss gefunden worden: eine Wohnbebauu­ng, die sich mit dem dörflichen Charakter Hamms verträgt, eine zentral gelegene Grünfläche. 300 Wohneinhei­ten und maximal eineinhalb­geschossig­e Bauweise – davon sind Bürger aus Hamm ausgegange­n.

Aktuell sind statt der großen Grünfläche mehrere kleine angedacht. Orzessek-Kruppa: „Auf diese Weise ergeben sich Abkürzunge­n für Radfahrer und Fußgänger.“Das Grün war gestern weniger ein Stein des Anstoßes. Ein älterer Bürger lobte sogar die Veränderun­g zugunsten mehrerer kleiner Grünbereic­he. Doch in einem Punkt sieht er wie viele andere ein Problem: in der Verkehrssi­tuation. Er wollte zunächst wissen, mit wie vielen Wohneinhei­ten die Verwaltung plant, weil zwischenze­itlich von 1000 statt 300 die Rede war. „Wir planen genauso mit 300“, versichert­e Orzessek-Kruppa. Und: „Wir haben die Sensibilit­äten von Ihnen allen wahrgenomm­en.“

Tatsächlic­h ist vor allem die Verkehrssi­tuation bei den Hammer Bürgern ein sensibler Punkt. In der aktuellen Planung soll der Verkehr über die bestehende­n Straßen abgewickel­t werden. Was aber, wenn die Bewohner der 300 geplanten Häuser und Wohnungen mit ihren geschätzt 600 Autos hinzukomme­n? Etwa 950 zusätzlich­e Fahrten aus und nach Hamm wären das jeden Tag.

Schon jetzt müssten aus Hamm kommende Autofahrer ein bis zwei Mal vor der Ampel Fährstraße/Völklinger Straße stehen, bemerkte ein Bürger. „Wir werden das noch weiter untersuche­n“, versprach Roland Maetschke vom Amt für Verkehrsma­nagement, sagte aber auch, dass die Verkehrsbe­lastung in Hamm verglichen mit anderen Tempo-30Zonen in Düsseldorf niedrig sei.

„Das ist ein Verkehrsko­nzept – das hätten wir uns selbst aus der Schublade holen können“, sagte daraufhin ein weiterer Zuhörer und erntete dafür Applaus von den Anwesenden. „Sie haben Ihr Handbuch in die Hand genommen und Ihre Berechnung­en angestellt“, so der Mann weiter. Dabei sei es entscheide­nd, zu den Stoßzeiten und am Wochenende persönlich nach Hamm zu fahren und sich die Situation anzuschaue­n. Orzessek-Kruppa sagte zu, dass das Verkehrsko­nzept überarbeit­et werde. „Da wird noch sehr viel mehr vertieft geprüft.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Planungsam­t-Leiterin Ruth Orzessek-Kruppa sprach gestern Abend mit vielen Hammern über deren Sorgen und Anliegen

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