Rheinische Post

Auf den Spuren der Konfirmati­on

Im Norden Hessens trifft der Besucher allerorten auf Spuren deutscher Geschichte – von der Reformatio­nsstadt Homberg bis zur Festung Ziegenhain.

- VON ANJA KÜHNER

Weithin sichtbar prägt die Stadtkirch­e St. Marien die Ansicht von Homberg an der Efze. Die Hallenkirc­he, auf Basis einer römischen Basilika errichtet, ist einer der schönsten und wichtigste­n gotischen Bauten in der Mitte Deutschlan­ds. Doch der Besucher fragt sich, weshalb solch ein Prachtbau in dieser 14.000-EinwohnerK­leinstadt steht. „Im Mittelalte­r war Homberg ein Knotenpunk­t mehrerer Handelsweg­e“, erklärt Stadtführe­r Eckhard Böth. Die Schirne sind Zeugnis der einstigen Wichtigkei­t: Rings um den Marktplatz finden sich diese mittelalte­rlichen Verkaufsrä­ume. „Heute ist der Begriff ,Schirn’ vor allem durch das Frankfurte­r Kunstmuseu­m bekannt.“

Böth stellt den auf dem Marktplatz sitzenden Landgrafen Philipp den Großmütige­n vor: „Er war im 16. Jahrhunder­t einer der wichtigste­n Männer in Deutschlan­d und hat mit seiner Offenheit der Reformatio­n gegenüber die Politik geprägt.“Etliche Landtage der hessischen Stände fanden in Homberg statt. 1526 – nur wenige Jahre nach der Flucht Martin Luthers vom Reichstag zu Worms – lud Philipp hier zur Homberger Synode, auf der die Einführung der Reformatio­n in Hessen beschlosse­n wurde. Daher trägt die Stadt den Titel „Reformatio­nsstadt Hessens“.

Die Teilnehmer der Synode trafen sich in der Stadtkirch­e, die damals der mit Abstand größte Bau Hombergs war. Prachtvoll­e Chorfenste­r erinnern in St. Marien an dieses Treffen von kirchliche­n Würdenträg­ern wie Äbten, Prälaten, Ordens- und Weltgeistl­ichen mit der Ritterscha­ft und Vertretern der Stände. „Mit der Synode hat Philipp einen Bürgerkrie­g verhindert“, ist Böth überzeugt. Heute erinnern prachtvoll­e Fachwerkhä­user wie die „Krone“an die Zeit.

Im Anschluss an die Homberger Synode wurde eine Kommission einberufen, die eine neue Kirchenord­nung erarbeiten sollte. Der erste Entwurf war aber selbst dem Reformator Martin Luther zu krass. Er bezeichnet­e sie als einen „Haufen Gesetze mit so mächtigen Worten“und empfahl statt einer radikalen Umsetzung ein „Maß halten … nicht zu hastig und stetig fort...“. Philipp, dessen Beiname „der Großmütige“an die Toleranz erinnert, folgte Luthers Ratschlag und führte die „Reformatio“nur schrittwei­se ein. Er säkularisi­erte Klöster, investiert­e das so gewonnene Vermögen in Krankenhäu­ser und die Marburger Universtät.

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FOTO: TOURISMUSS­ERVICE ROTKÄPPCHE­NLAND Der sitzende Langraf Philipp hat mit seinem Großmut in Homberg/Efze einen Bürgerkrie­g verhindert.
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FOTO: ANJA KÜHNER Nachdruck der Ziegenhain­er Kirchenord­nung

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